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Politik: Politsprayer

Foto: Rückeis / Montage: DP HINTER DEN LINDEN Manche wichtigen Gesetzentwürfe passieren den Bundestag, ohne dass die Öffentlichkeit aufstöhnt, kichert oder den Untergang der Republik beschreit. Andere scheinen wenig spektakulär, bergen aber das Potenzial für heftige Debatten, die tief sitzende kulturelle Brüche deutlich machen.

Von Hans Monath

Foto: Rückeis / Montage: DP

HINTER DEN LINDEN

Manche wichtigen Gesetzentwürfe passieren den Bundestag, ohne dass die Öffentlichkeit aufstöhnt, kichert oder den Untergang der Republik beschreit. Andere scheinen wenig spektakulär, bergen aber das Potenzial für heftige Debatten, die tief sitzende kulturelle Brüche deutlich machen.

Zu diesen gehört ein neuer Entwurf, in dem die Union dem Graffiti-Unwesen den Kampf angesagt hat. Bisher stellt das Gesetz nur die Tatbestände der Sachbeschädigung und der gemeinschädlichen Sachbeschädigung unter Strafe, doch nun will die Union auch das „Verunstalten“ verfolgen. Ihre Begründung: Der „Vandalismus“ trage zu einer Verunsicherung der Bevölkerung bei und werde als ein Symbol für den Zerfall von Ordnung angesehen. Es gehört wenig Phantasie zur Vorhersage, dass vor allem die Grünen den Vorstoß als Law-and-Order-Politik geißeln werden, der jugendliche Kreativität kriminalisieren soll. Aber zumindest klammheimlich werden manche im Regierungslager mit dem Entwurf sympathisieren.

Spannend dürfte sein, wie sich Innenminister Otto Schily verhält. Der SPD-Politiker hatte in den Koalitionsverhandlungen einen ähnlichen Vorstoß unternommen wie nun die Union, war aber nicht nur an den Grünen gescheitert, sondern auch an der Tatsache, dass der Kanzler ihn nicht stützte. Teilnehmer wollen damals sogar beobachtet haben, dass sich Schröder während einer Schilyschen Tirade in der heftigen rot-grünen Debatte über Graffiti und Kunst nur mühsam das Lachen verkneifen konnte. Ob darin nur Distanz zur Vortragsweise des Innenministers oder gar Sympathie für Sprayer und ihre Werke zum Ausdruck kam, ist allerdings nicht bekannt.

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