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Politik: Polizei stürmt Kirchenasyl Bistum: Kein Raum für Gnade

Wenige Tage bevor sich die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern mit dem Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge befassen will, hat die Koblenzer Ausländerbehörde eine fünfköpfige kurdische Familie in die Türkei abgeschoben. Die katholische Gemeinde St.

Wenige Tage bevor sich die Innenministerkonferenz von Bund und Ländern mit dem Bleiberecht für langjährig geduldete Flüchtlinge befassen will, hat die Koblenzer Ausländerbehörde eine fünfköpfige kurdische Familie in die Türkei abgeschoben. Die katholische Gemeinde St. Peter hatte der Familie seit Anfang Oktober Kirchenasyl gewährt. Am 31. Oktober stürmte die Polizei in den frühen Morgenstunden die Kirche. Dem Pfarrer, so heißt es in Koblenz, sei sogar damit gedroht worden, die Tür aufzubrechen. Die Familie hielt sich seit zehn Jahren in Deutschland auf, ihre drei Kinder im Alter von fünf, sieben und zehn Jahren wurden in Koblenz geboren.

Monatelang hatte die Koblenzer Initiative „Zuflucht“ mit den Behörden verhandelt, um eine humane Lösung zu finden. Für die Kinder ist die Türkei ein fremdes Land. Die beiden älteren gingen in Koblenz zur Schule, das jüngste in den Kindergarten. Untereinander sprechen die Geschwister nur deutsch, die türkische Sprache beherrschen sie gar nicht. Weder die Härtefallkommission des Landes Rheinland-Pfalz sah hier Handlungsbedarf noch führten Schreiben an Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) zu einer Regelung im Interesse der Kinder. Auch das letzte Angebot des Familienvaters, freiwillig auszureisen, wenn wenigstens seine Frau mit den Kindern in Koblenz bleiben könnte, sei, so ein Sprecher der Initiative „Zuflucht“, abgelehnt worden.

Für den Dechanten des Dekanats Koblenz im Bistum Trier, Eugen Vogt, ist mit dem Bruch des Kirchenasyls „eine Grenze überschritten worden“. Weder das Gotteshaus noch das Wohlergehen von Kindern sei den verantwortlichen Behörden heilig. „Es gibt keinen Raum für Gnade.“ Mit einem Schreiben an Beck hat Vogt gegen das gewaltsame Eindringen der Polizei in die Kirche protestiert.

Innenminister Karl-Peter Bruch (SPD) hat sich vor die Ausländerbehörde gestellt: Sie habe auch nach seinem persönlichen Empfinden richtig gehandelt. Die Familie habe keine Perspektive auf ein Bleiberecht gehabt. Zum Thema Kirchenasyl sagte ein Sprecher des Ministeriums, es sei unzweifelhaft, dass Kirchen kein rechtsfreier Raum sind. Der Staat habe „Betretungsrecht“.

Unterstützung bekamen die Koblenzer nun vom Trierer Bischof Reinhard Marx. Seine Kritik ist scharf: Mit Blick auf den bisher unstrittigen Respekt vor dem besonderen Charakter von Kirchen könne er das Vorgehen der Behörden weder gutheißen noch billigen, heißt es in einer Erklärung. Aus der Staatskanzlei ist keine Stellungnahme zu erhalten. Ministerpräsident Kurt Beck habe keinen Anlass, sich zu äußern, sagt der Sprecher der Landesregierung.

Das Schicksal der kurdischen Familie ist unklar. Nach Informationen aus der Türkei, so heißt es in Koblenz, sei der Vater direkt nach der Einreise inhaftiert und misshandelt worden. Nun kümmere sich die türkische Menschenrechtsorganisation IHD um den Fall.

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