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Politik: Pommernland ist sehr gespannt

Merkel will Bush Trinwillershagen zeigen – dort wurden nicht nur sozialistische Pläne verwirklicht

Einen neuen Anzug hat sich Bürgermeister Klaus-Dieter Tahn nicht gekauft, um den prominenten Gast aus den USA zu begrüßen. Wenn US-Präsident George W. Bush am 14. Juli nach Trinwillershagen kommt, werden die Lütten aus dem Kindergarten auch nicht die US-Hymne „stars and stripes“ singen. „Die üben noch nicht“, sagt der parteilose Klempnermeister Tahn ganz nüchtern. „Aber wir machen jetzt alles schmuck.“ Einige Schlaglöcher in den Dorfstraßen werden ausgebessert, einige Fassaden werden verputzt. Auch das Vereinshaus von „Rot-Weiß Trinwillershagen“ bekommt einen neuen Anstrich, und das Gras an den Straßenrändern wird kurz gemäht. „Wir ziehen einige Vorhaben vor, die wir sowieso machen wollten“, erläutert der Bürgermeister. Seit Tagen laufen die Vorbereitungen. Am Samstag bestätigte Bundeskanzlerin Angela Merkel am Rande eines CDU-Landesparteitages in Pasewalk offiziell, dass auch Trinwillershagen von Bush besucht wird – nicht ohne Seitenhieb auf den Schweriner Ministerpräsidenten Harald Ringstorff, der seine Linkspartei-Minister nicht von einer Teilnahme an Anti-Bush-Protesten abhalten könne.

Anfang Mai beim Besuch im Weißen Haus in Washington lud Bundeskanzlerin Angela Merkel den US-Präsidenten ein. Auf dem Weg zum G-8-Gipfel in St. Petersburg möge er doch in ihrem Wahlkreis Stralsund-Rügen-Nordvorpommern vorbeischauen und Leute treffen, die wie sie selbst bis 1989 hinter der Mauer gelebt haben. Seitdem ist Trinwillershagen mit seinen gut 1000 Einwohnern Teil des von den „Trinern“ herbeigewünschten Besuchsprogramms. Keine der vier Straßen in das vorpommersche Dorf ist im Autoatlas rot oder gelb markiert. Schmal und weiß schlängeln sie sich durch die flachen, weiten Felder, auf denen einst die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) „Rotes Banner“ Weizen, Kartoffeln oder Rüben erntete. Ihr vorbildlicher Kampf um die sozialistische Planerfüllung bescherte dem Dorf lange vor der Wende zahlreiche prominente Besucher. DDR-Ministerpräsident Otto Grotewohl, SED-Parteichef Walter Ulbricht, dessen letzter Nachfolger Egon Krenz und selbst manches Mitglied des Politbüros der KPdSU schauten in dem Vorzeigedorf vorbei. „Es hat sich halt herumgesprochen, dass wir gute Gastgeber sind“, sagt Bürgermeister Tahn. Er spielte damals mit im Fanfarenzug. Jedoch war es wohl kaum die sozialistische Vergangenheit Trinwillershagens, die Merkel bewog, Bush hierher einzuladen – eher ein sozialistisch anmutendes Ergebnis. Vor einem Jahr kürte die Landes-CDU Angela Merkel im Gasthof „Zu den Linden“ mit 98,6 Prozent zur Spitzenkandidatin für die vorgezogene Bundestagswahl, Trinwillershagen ist quasi ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg ins Kanzleramt gewesen.

Vorstellen wird sie Bush wohl auch nicht ehemalige LPG-Vorsitzende, sondern eher den „Linden“-Wirt Olaf Micheel. Der kaufte nach der Wiedervereinigung mit 21 Jahren das ehemalige Kreiskulturhaus und machte sich selbstständig. „Ich freue mich auf meine Kanzlerin“, berichtet Micheel. Wenn Merkel den US-Präsidenten mitbringt, wird es selbst geschossenes Wildschwein und Rotwild am Spieß geben. Than will Bush in einem nagelneuen Anzug begrüßen. Den hatte er sich sowieso schon angeschafft. Für seinen 60. Geburtstag im Spätsommer.

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