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Politik: Populistische Politiker fordern wahlkampfwirksam weiterhin die Deckelung des Entgeltes für das ostdeutsche Wochenendhäuschen

Die Nutzung von Datschen in den neuen Ländern und die dafür zu zahlenden Entgelte stehen wieder zur Debatte. Die Bundesregierung kündigte in dieser Woche an, sie wolle bis zum Frühjahr 2000 einen Bericht zu diesem Thema vorlegen.

Die Nutzung von Datschen in den neuen Ländern und die dafür zu zahlenden Entgelte stehen wieder zur Debatte. Die Bundesregierung kündigte in dieser Woche an, sie wolle bis zum Frühjahr 2000 einen Bericht zu diesem Thema vorlegen. Daraufhin meldeten Agenturen ohne Berufung auf Quellen: "Viele Ostdeutsche befürchten, dass sie durch eine Erhöhung gezwungen sein könnten, ihre Datschen aufzugeben." Bereits im Juli hatte sich die Regierung des Landes Brandenburg für eine Deckelung der Nutzungs-Entgelte ausgesprochen. Dabei hatte die Bundesregierung vor nur zwei Jahren den Spielraum für eine Erhöhung bereits halbiert. Nach Ansicht von Fachleuten führt der umfangreiche Schutz von alten, noch zu DDR-Zeiten geschlossenen Nutzungsverträgen dazu, dass solche Datschen ihren Eigentümern in vielen Fällen teuer zu stehen kommen, weil die Einnahmen nicht die Kosten decken.

"Vor den Wahlen kennen die Politiker offenbar nur die Kleingärtner als Stimmberechtigte", sagt Rechtsanwalt Gunnar Schnabel. Er ist spezialisiert auf Datschenrecht und wertet die aufkommende Debatte als eine Folge von "populistischen" Vorstößen. Den Anfang habe ein bereits im Juli vorgelegtes Petitum der Landesregierung Brandenburg gemacht, wonach die Nutzungs-Entgelte von Datschen grundsätzlich zu deckeln seien. Auch sei im Potsdamer Justizministerium die Forderung zu hören gewesen, dass Nutzer bei einer Kündigung ihres Pachtvertrages eine so genannte Zeitwert-Entschädigung von den Eigentümern verlangen sollten. Beide Forderungen habe zuvor schon der Verband der Grundstücks-Nutzer (VDGN) erhoben. Das lege die Vermutung nahe, dass es der Landesregierung an der Mobilisierung von Wählern aus diesen Reihen zur bevorstehenden Landtagswahl gelegen sei.

Schon heute, so der Spezialist weiter, seien die Nutzer von Datschen deutlich im Vorteil gegenüber den Eigentümern der Flächen. Dies gelte zumindest für die Besitzer alter Verträge aus DDR-Zeiten. Sie genössen umfassenden Bestandsschutz. Das sei den Eigentümern der Freizeit-Grundstücke ein Dorn im Auge. Zu ihnen zählten keineswegs nur durch Rückübertragungen begünstigte "Wessis". Vielmehr stünden 60 Prozent aller Grundstücke dieser Art im Eigentum der Kommunen. Und auch diese klagten über unzureichende, weit unter den am Markt sonst üblichen Pachten.

Nach Angaben des Rechtsanwaltes hätten die Gutachterausschüsse durchschnittliche Entgelte für Datschen in den neuen Ländern von monatlich sechs bis neun DM pro Quadratmeter ermittelt. Diesen Ausschüssen müssen die Kommunen jeden neu abgeschlossenen Pachtvertrag vorlegen, damit die Gutachter "Vergleichswerte" publizieren können. Diese Entgelte für frei am Markt vergebene Erholungsgrundstücke lägen drei bis sechs Mal über den von "Altnutzern" bezahlten Pachten. Diese zahlten im Schnitt 2,20 DM pro Quadratmeter, wobei die Eigentümer die Entgelte jährlich um 40 Pfennig erhöhen dürften. Ursprünglich sollte die zulässige Erhöhung bei 80 Pfennig im Jahr liegen. Doch die inzwischen abgewählte Bundesregierung hatte den Erhöhungs-Spielraum am 24. Juli 1997 halbiert.

Diese Lücke zwischen geschützten Pachten und am Markt bezahlten Entgelten hätten Altnutzer von Erholungs-Grundstücken zudem immer wieder mal genutzt, um sich selbst einen Vorteil zu verschaffen: indem sie ihr günstiges Erholungs-Grundstück "untervermieteten" und die Preisdifferenz einbehielten. Wenn dies auch nicht die Regel sei, so häuften sich Fälle, wo Eigentümer aus den schmalen Einnahmen ihre laufenden Kosten nicht decken könnten. Denn im Gegensatz zu den in den alten Ländern geltenden Bestimmungen für Kleingärten, könnten die Eigentümer von Datschen im Osten die Nebenkosten für Versicherungen und Straßengebühren nicht auf den Nutzer umlegen. "Im Übrigen werden viele Kolonien nun an die Kanalisation angeschlossen, und das kostet pro Grundstück bis zu 30 000 DM", sagt Schnabel. Mancher Eigentümer verfüge nicht über das erforderliche Kapital und aus den kleinen Pachten seien derart hohe Summen kaum zu finanzieren.

Die heute schon zulässige Erhöhung der Nutzungsentgelte kommentiert der Fachanwalt mit dem Hinweis auf äußerst komplizierte Verfahren: Der Eigentümer habe seine Begehrlichkeit mit Vergleichswerten zu unterlegen. Dagegen könnten Nutzer Einspruch erheben. Dann müsse der Eigentümer das Gutachten eines Sachverständigen einholen und unter Umständen vor Gericht ziehen. Damit seien Kosten verbunden, die weit über den Mehreinnahmen durch die Entgelterhöhung lägen. So verzichteten Eigentümer oft auf ihre Ansprüche.

Als "abwegig" bewertet der Rechtsanwalt den Vorstoß des Landes Brandenburg, Zeitwert-Entschädigungen für die Bauten von Nutzern auf den Freizeitgrundstücken auszuzahlen. Sehr oft seien Datschen aus industriell gefertigten Platten "Typ B34 Luckenwalde" errichtet - und mit Asbest belastet. Bei einer Kündigung des Vertrages durch den Nutzer kämen auf den Eigentümer Kosten von fünf bis 10 000 DM und mehr für die Beseitigung der belasteten Baustoffe zu.

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