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Politik: Porträt: Ariel Scharon

Für seine Anhänger in Israel verkörpert der heute 77-jährige Ex-General alte zionistischen Werte

Jerusalem (16.08.2005, 09:03 Uhr) - «Jetzt muss sich jeder in Bewegung setzen, rennen und sich so viele Hügel wie möglich schnappen, um die Siedlungen auszubauen», forderte der israelische Politiker Ariel Scharon noch im November 1998 bei einem Treffen mit Siedlern. «Alles was wir uns jetzt nehmen, bleibt unser.»

So prognostizierte er die künftigen Besitzverhältnisse zwischen Israelis und Palästinensern. «Alles was wir uns nicht holen, geht an sie.» Zu diesem Zeitpunkt war der damalige Außenminister noch ganz Schutzpatron der jüdischen Siedlerbewegung.

Als Politiker hat man Scharon, der 1928 als Ariel Scheinerman in Kfar Malal nördlich von Tel Aviv geboren wurde, dabei die Methoden eines «Bulldozers» nachgesagt. Gegnern im In- und Ausland fürchten und verachten den Ex-General bis heute. Den Arabern gilt er für seine Rolle als israelischer Verteidigungsminister im Libanonkrieg als «Schlächter von Beirut». Sein Besuch auf dem Tempelberg in Jerusalem löste im Jahr 2000 den Palästinenseraufstand aus.

Doch für seine Anhänger in Israel verkörpert der heute 77-jährige Ex-General alte zionistischen Werte. Scharon gilt ihnen als mutiger Kämpfer für israelische Interessen. Der säkulare Machtmensch wird als Kriegsheld bewundert, der 1973 während des Jom-Kippur-Krieges seine Truppe auf eigene Faust über den Suez-Kanal führte und eine drohende Niederlage gegen die arabischen Staaten abwendete. Er saß später auf mehreren Ministerstühlen und wurde 2001 zum Regierungschef gewählt.

Scharon versprach seinem Volk «Frieden mit Sicherheit», doch hunderte Israelis wurden im Konflikt mit den Palästinensern getötet. Derweil baute Scharon die jüdischen Siedlungen in den Palästinensergebieten gegen internationale Kritik - mal im Streit, oft aber schleichend - weiter aus. Für viele Israelis hat der schwergewichtige Scharon, der sich mit langsamen, schwankenden Schritten eines alten Landwirts bewegt, aber längst den Wandel zum Staatsmann vollzogen.

Sein Plan für einen Abzug aus einigen Palästinensergebieten traf Teile der israelischen Rechten und die Siedlerbewegung wie ein Schlag, obwohl er zugleich Teile des Westjordanlandes und die größten jüdischen Siedlungen «für immer» unter israelische Kontrolle stellen will. Gegen alle Widerstände auch in seiner eigenen Partei bekräftigt Scharon aber, mit seinem Abzug handele er nur im besten Interesse Israels.

Die Zeitung «Jedioth Achronot» erwartet schon, dass Scharon nach dem von Mitte August an geplanten Abzug weitere Palästinensergebiete verlassen will. Denn obwohl dort heute mehr als 240 000 jüdische Siedler leben, wisse Scharon, dass sein Siedlungsplan ohne Teilabzug vor dem Scheitern stehe. Bei einem Treffen mit französischen Juden habe er jüngst eingeräumt: «Hätten sich in den (besetzten palästinensischen) Gebieten eine Million Juden angesiedelt, hätte Israel eine andere Politik verfolgen können.» (tso)

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