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Porträt: Für ein halbes Jahr nach Masar-i-Scharif

Er ist klein und drahtig und doch strahlt Thorsten Poschwatta keine Hektik, sondern Ruhe aus. Die braucht er auch, denn der 45-Jährige hat den wohl bisher wichtigsten Job seiner Karriere vor sich: Er koordiniert einen der umstrittensten Einsätze in der Geschichte der Bundeswehr.

Jagel - Der Oberst wird für ein halbes Jahr als Kommodore für die sechs "Recce"-Aufklärungstornados in Masar-i-Scharif verantwortlich sein. Am Montag wurde er von Bundesverteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) in Jagel in Schleswig-Holstein verabschiedet und flog im ersten der sechs Tornados in Richtung Afghanistan.

Mit 20 Jahren begann Poschwatta, der in Karlsruhe geboren wurde, seine Offiziersausbildung. Seine fliegerische Ausbildung machte er in Kalifornien und Großbritannien. Erstmals beruflich im Ausland war er 1996 im Nato-Stab in den Niederlanden, anschließend ging er nach Sarajewo in Bosnien-Herzegowina, wo er fünf Monate lang Einsätze der deutschen Luftwaffe koordinierte.

Wenn Poschwatta über seine Entsendung nach Afghanistan spricht, dann ist ihm zwar nicht mulmig, doch er spürt eine "gewisse Anspannung", wie er selbst sagt. Doch "Abenteuerreiz" verspürt der Vater von zwei Kindern nicht. "Es ist halt unser Beruf", sagt er ohne Pathos. Was ihn an technischen Abläufen in Afghanistan erwartet, hat er ähnlich in Sarajewo schon erlebt. Doch wird der neue Einsatz ganz anders sein.

Tornado-Einsatz soll Sicherheitslage verbessern

Denn im Gegensatz zu Bosnien-Herzegowina ist Afghanistan nicht befriedet. Die Bilder, die die Tornados mit ihren hoch auflösenden Kameras machen sollen, sollen zur Verbesserung der Sicherheitslage im Land dienen; sie können also auch der Aufstandsbekämpfung dienen. Für Kritiker des Einsatzes ist die Bundeswehr damit in Kampfeinsätze eingebunden. Wird Poschwatta darauf angesprochen, verweist er auf die politische Ebene. "Die Überwachung aus der Luft ist unser einziger Auftrag", sagt er.

Dennoch interessiert ihn, was die Politiker zu dem umstrittenen Auftrag sagen. So saß er auf der Zuschauertribüne im Bundestag, als das Mandat zum Tornado-Einsatz Anfang März beschlossen wurde. "Ich hatte den Eindruck, die Politiker beschäftigen sich wirklich ernsthaft mit dem Thema", sagt er rückblickend.

"Ich möchte zeigen, was wir können"

Poschwatta ist als Kommodore, wie der Chef eines Geschwaders heißt, Ansprechpartner und Koordinator für alle Tornado-Einsätze und die Belange seiner Soldaten. Nach seiner Ankunft in Afghanistan will Poschwatta zunächst im Isaf-Hauptquartier in Kabul die Verantwortlichen für die internationale Mission auch persönlich kennenlernen - denn von dort kommen die Einsatzbefehle. Bisher kennt er Afghanistan lediglich von einer kurzen Dienstreise. "Ich möchte zeigen, was wir können, aber auch, wo unsere Grenzen sind."

Genauso wichtig sind Poschwatta die Belange seiner Soldaten und deren Familien. So waren vor einigen Wochen 120 Ehefrauen in Jagel, denen Poschwatta erklärte, wie der Einsatz genau abläuft. "Ein Soldat kann nur 100 Prozent geben, wenn seine Familie hinter ihm steht", ist seine Erfahrung. Die 200 Soldaten des Aufklärungsgeschwaders 51 "Immelmann" bleiben drei Monate, er selbst wird voraussichtlich das gesamte halbe Jahr in Masar-i-Scharif verbringen. Der leidenschaftliche Läufer hofft, in seiner kärglichen Freizeit dort wenigstens noch ein bisschen Sport machen zu können: "Das brauche ich für meinen inneren Ausgleich". In dem riesigen abgezäunten Camp der Bundeswehr dürfte das kein Problem sein. (Von Julia Naumann, AFP)

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