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Porträt: SPÖ-Chef Gusenbauer punktet im zweiten Anlauf

Trotz Steifheit und mangelndem Charisma hat der Sozialdemokrat Alfred Gusenbauer die Parlamentswahlen in Österreich gewonnen.

Wien - Alfred Gusenbauer ist am Ziel: Nach der Niederlage bei der österreichischen Parlamentswahl vor vier Jahren ist der 46-Jährige diesmal mit seiner Sozialdemokratischen Partei (SPÖ) der Überraschungssieger - wenn auch äußerst knapp. Als Favorit war Bundeskanzler Wolfgang Schüssel von der konservativen Volkspartei (ÖVP) ins Rennen gegangen. Doch der erlitt schwere Verluste. Statt dessen konnte zur allgemeinen Überraschung ausgerechnet Gusenbauer bei den Wählern punkten, dem immer wieder Steifheit und fehlendes Charisma bescheinigt werden. Auch in einem kürzlich gesendeten Fernsehduell mit dem Medienprofi Schüssel wirkte Gusenbauer hölzern.

Der im Februar 1960 geborene Arbeitersohn und promovierte Politologe startete seine Politikerlaufbahn in jungen Jahren. Fasziniert vom sozialdemokratischen Bundeskanzler Bruno Kreisky baute er als 17-Jähriger in seinem niederösterreichischen Heimatort Ybbs an der Donau eine Gruppe der Sozialistischen Jugend auf. 1984 wurde er Juso-Vorsitzender.

Mentor Kreisky

Über Kreisky sagte Gusenbauer: "Wir waren wie Vater und Sohn. Auf der einen Seite war er ein Vorbild für mich, auf der anderen Seite hatten wir Meinungsverschiedenheiten." Wie sein Mentor engagierte sich auch Gusenbauer für die Sozialistische Internationale. 1989 wurde er als Nachfolger Kreiskys zu deren Vize-Vorsitzenden gewählt.

In den 1990er Jahren wurde Gusenbauer erst Bundesrat und zog dann in den Nationalrat ein. 2000 wurde er SPÖ-Vorsitzender. Trotz seines steilen Aufstiegs auf der Karriereleiter war Gusenbauer nie der Wunschkandidat seiner Genossen für die Kanzlerschaft: zu intellektuell, nicht volksnah und nicht staatsmännisch genug, hieß es immer wieder über ihn. Doch bereits vor der letzten Wahl hatte der Ex-Juso sein Aussehen grundlegend überarbeitet. Er begann dunkle Anzüge und eine randlose Brille zu tragen und statt seiner roten Designeraktentasche nur noch rote oder rotgemusterte Krawatten.

Spitzname "Zizou"

Der Katholik und ehemalige Chorjunge, der sich mittlerweile von der Kirche distanzierte, er lebt mit seiner langjährigen Lebensgefährtin Eva Steiner und der gemeinsamen Tochter Selina zusammen. In seiner Freizeit geht er gern in die Oper, ins Restaurant oder fährt Rad. Er interessiert sich auch für Fußball - vor allem wenn Rapid Wien oder der FC Barcelona spielen. Dass er wie der französische Fußballstar Zinedine Zidane "Zizou" genannt wird, nimmt Gusenbauer mit Humor. "Das passt gut zu mir", sagte er. Eine Zeitschrift zeigte den SPÖ-Chef, wie er Schüssel einen Kopfstoß verpasst - in Anspielung auf den Kopfstoß Zidanes gegen einen italienischen Gegner bei der Fußball-WM.

Vor allem gilt Gusenbauer als erfahrener Politiker: Er kann problemlos und ohne abzulesen Zahlen und Fakten über die verschiedensten Themen präsentieren - ob es um Arbeitslosigkeit, Bildung, die Integration von Ausländern oder EU-Themen geht. Möglicherweise muss der Sozialdemokrat jetzt mit der ÖVP ins Boot: eine große Koalition gilt als wahrscheinlich - im Wahlkampf allerdings hatte Gusenbauer seinen Kontrahenten Schüssel noch als Lügner bezeichnet. (tso/AFP)

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