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Porträt: Wim Duisenberg

Als erster Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) wird der am Sonntag verstorbene Wim Duisenberg als "Mr. Euro" in Erinnerung bleiben.

Frankfurt/Main (31.07.2005, 18:43 Uhr) - Den - respektvoll gemeinten - Beinamen erwarb sich der Niederländer vor allem durch den Start des Euro zu Jahresbeginn 1999 und die Einführung des Bargeldes Anfang 2002, die reibungslos über die Bühne ging. Das bislang kühnste Währungsprojekt bescherte mehr als 300 Millionen Menschen verschiedener Nationen und Kulturen eine gemeinsame Währung. Noch heute ziert Duisenbergs Unterschrift Millionen Geldscheine.

Duisenberg, der vor knapp drei Wochen 70 Jahre alt geworden war, hatte es während seiner fünfjährigen Amtszeit geschafft, die EZB durch das Minenfeld nationaler Empfindlichkeiten zu lotsen. Mit Kritik und Skepsis reichlich konfrontiert konnte der Hobbysegler die Gewässer der Europäischen Währungsunion ohne Havarie meistern. Dem Stabilitätsfanatiker halfen dabei diplomatisches Geschick und große Erfahrung aus zahlreichen internationalen Positionen - verbunden mit niederländischer Liberalität, Lebenslust und Schlitzohrigkeit. Gelegentlich sorgte er mit lockeren Bemerkungen für Verwirrung an den Finanzmärkten.

Doch hinter dem meist lächelnden Gesicht, umrahmt von markanter weißer Haarpracht, steckte auch Durchsetzungswille. Immer wieder mahnte Duisenberg die nationalen Regierungen, ihre Staatshaushalte zu sanieren und die Schwindel erregenden Schuldenberge abzubauen.

Der 1935 in Heerenveen geborene Duisenberg studierte Wirtschaftswissenschaften an der Uni Groningen und promovierte 1965 mit einer Arbeit über «Wirtschaftliche Folgen der Abrüstung». Auch wegen seiner steilen Karriere galt er als ein «holländischer Kennedy». Mit 38 Jahren wurde er Finanzminister, 1982 Präsident der niederländischen Zentralbank. In 15 Jahren in diesem Amt machte Duisenberg den Gulden so hart wie die D-Mark. Der «Gentleman des Gulden» wurde daher schon früh der deutsche Wunschkandidat für den Chefsessel der EZB in Frankfurt. Seit Juli 1997 arbeitete der promovierte Volkswirt bereits an der Spitze des Europäischen Währungsinstituts, des Vorläufers der EZB.

Bereits zum Beginn seiner Amtszeit als EZB-Präsident im Juni 1998 war klar, dass Duisenberg schon aus Altersgründen seinen Vertrag von acht Jahren nicht bis zum Ende erfüllen wird. Zu seinem 68. Geburtstag am 9. Juli 2003 machte er seinem Nachfolger, dem Franzosen Jean-Claude Trichet, Platz. Ganz in den Ruhestand ging der am Sonntag verstorbene Duisenberg aber nicht. In den vergangenen Jahren war er vor allem als Berater tätig und saß in Aufsichtsräten, etwa bei der Fluglinie Air France/KLM und der niederländischen Rabobank. (Von Holger Göpel, dpa)

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