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Paster Nuno Westood segnet die Anwohner*innen eines Wohnhauses am Stadtrand von Lissabon.

© Patricia de Melo Moreira/AFP

Portugals Corona-Wunder: Warum das Land so gut durch die Krise kommt

Das Land hat eine dramatische Lage befürchtet. Doch die Krise ist bisher ausgeblieben - die Zivilgesellschaft hat mitgeholfen.

Auf der einen Seite der weite Atlantik. Auf der anderen Seite die Grenze zu jenem ländlichen Teil Spaniens, in dem es viele Kühe, Schweine und Schafe, aber wenig Menschen gibt. Portugal klebt ziemlich abgelegen am Saum der iberischen Halbinsel. Am südwestlichen Rand Europas. Doch die Randlage, unter der die Portugiesen wirtschaftlich ziemlich leiden, erweist sich in der Coronavirus-Krise als großer Vorteil. Denn auch die Krankheit Covid-19 hat es so etwas schwerer, bis nach Portugal vorzudringen und sich dort auszubreiten.

Die Zahlen sprechen für sich: Aus Spanien meldete die John Hopkins University am Donnerstagmittag mehr als 180.000 Infektionen, aus Portugal nur gut 18.000. Bei den Todesfällen ist der Unterschied noch größer: Spanien meldet 18.800 Opfer, Portugal nicht einmal 600. Zwar leben in Spanien mit 47,1 Millionen Bewohnern nahezu fünf Mal mehr Menschen als in Portugal.

Trotzdem sieht die Bilanz für Spaniens kleinen iberischen Bruder vergleichsweise gut aus. Nun beten die zehn Millionen Portugiesen, dass das so bleibt. Denn das Land mit seiner Hauptstadt Lissabon ist alles andere als gut für die Katastrophe gerüstet: Portugal gehört zu den ärmsten Staaten Westeuropas.

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Das Gesundheitssystem hat wegen der horrenden Staatsverschuldung in den vergangenen Jahren brutale Einschnitte verkraften müssen. Es mangelt an Material und Personal. Viele örtliche Gesundheitszentren wurden geschlossen. Tausende Ärzte und Pfleger wanderten mangels Perspektiven ins europäische Ausland ab – zum Beispiel nach Großbritannien.

Und was passiert, wenn das Virus Sars-CoV-2 in Ländern wütet, deren Gesundheits- und Sozialsystem kaputtgespart wurde, kann man gerade in Spanien sehen, Europas schlimmsten Corona-Hotspot: Überfüllte Krankenhäuser, in denen man ältere Menschen mangels Intensivbetten sterben lassen muss. Und Seniorenheime, in denen wegen fehlender medizinischer Hilfe ein fürchterliches Massensterben eingesetzt hat.

Vielleicht reagierten die Portugiesen deswegen so diszipliniert, als sie in den TV-Nachrichten die ersten Horrornachrichten aus Spanien sahen: Zehntausende portugiesische Familien gingen in Selbstquarantäne noch bevor die sozialistische Regierung eine nationale Ausgangssperre verhängte. Die Angst, dass Portugal eine ähnliche Katastrophe wie Spanien durchmachen könnte, war groß.

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„Es geht ums Überleben“, sagte Portugals Regierungschef António Costa, als er Mitte März schließlich den Notstand ausrief, die Bewegungsfreiheit einschränkte und nicht lebenswichtige Wirtschaftsaktivitäten stilllegte. Zu diesem Zeitpunkt war in Portugal noch kein einziger Coronatoter gemeldet worden, und die amtliche Statistik wies kaum mehr als 100 Infektionsfälle aus.

Damit reagierte Portugal sehr viel früher als die meisten anderen europäischen Länder – ein Umstand, der vermutlich entscheidend half, die Ausbreitung des Virus unter Kontrolle zu halten.

Bewundernswert ist auch, wie die sozialistische Regierung und die Opposition zusammenarbeiten. Anders als Spanien, wo mit Pedro Sánchez ebenfalls ein Sozialist regiert, der allerdings heftig attackiert wird. Der konservative Oppositionschef Rui Rio versprach Premier Costa in dieser schweren Zeit absolute Loyalität. „Herr Ministerpräsident“, sagte Rio im Parlament. „Sie haben unsere Unterstützung. Wir werden Ihnen überall, wo wir können, helfen.“ Und: „Ich wünsche ihnen Mut, stählerne Nerven und viel Glück. Denn Ihr Glück wird auch unser Glück sein.“

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