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Positionspapier: Sozialdemokraten wollen zurück in die Mitte

Mit ihrem neuen Positionspapier kämpft die SPD um die politische Mitte mit Schlagworten der FDP. "Leistungsgerechtigkeit" ist einer der zentralen Begriffe des Papiers. Eine Kehrtwende in der Programmatik der Sozialdemokraten - oder nur der Versuch, endlich die Debatte um die angebliche Nähe zur Linkspartei zu beenden?

Die SPD hat unmittelbar vor ihrem Treffen in Nürnberg eine Korrektur ihres programmatischen Linkskurses eingeleitet. In einem am Donnerstag veröffentlichten Positionspapier setzte die engste SPD-Führung deutliche Akzente hin zur politischen Mitte. Zudem öffnet sich die Spitze darin für eine mögliche Zusammenarbeit mit der FDP nach der nächsten Bundestagswahl. Über den elfseitigen Text mit dem Titel "Aufstieg und Gerechtigkeit" soll am Samstag auf der SPD-Zukunftskonferenz in Nürnberg beraten werden. Vor den rund 3000 Teilnehmern werden Parteichef Kurt Beck und die SPD- Präsidentschaftsbewerberin Gesine Schwan sprechen.

Das Positionspapier, das auch als Grundlage für ein SPD- Wahlprogramm dienen soll, trägt in mehreren Passagen spürbar die Handschrift von "SPD-Modernisierern" wie Außenminister Frank-Walter Steinmeier, der auch als nächster SPD-Kanzlerkandidat im Gespräch ist. Anders als etwa das im letzten Jahr verabschiedete "linke" Grundsatzprogramm betont das neue SPD-Strategiepapier die Förderung von persönlicher Leistung als eine zentrale Aufgabe der Sozialdemokratie.

Vollbeschäftigung und Frieden

"Wir wollen eine neue Aufstiegskultur, in der wir gemeinsam vorankommen und der Erfolg des Einzelnen zum Aufstieg der ganzen Gesellschaft beiträgt", heißt es in dem Text. Er wird gemeinsam von Parteichef Kurt Beck, seinen drei Stellvertretern Steinmeier, Peer Steinbrück und Andrea Nahles sowie von Generalsekretär Hubertus Heil und Schatzmeisterin Barbara Hendricks vertreten. Die SPD wolle zusammen mit einer "solidarischen Mehrheit" im Lande einen "sozialen Aufstieg für alle" ermöglichen, um die auseinanderstrebenden Kräfte der Gesellschaft neu zusammenzuführen. "Gleiche Chancen zu schaffen, ist notwendig, damit Leistung sich für alle lohnt", wird betont. Mit dieser Aussage wird auch an die programmatische Annäherung von SPD und FDP vor der Bildung der sozial-liberalen Koalition im Bund im Jahr 1969 angeknüpft.

Als weitere Hauptziele der SPD werden in dem von Heil vorgestellten SPD-Papier genannt: Ausbau der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Deutschlands, Rückkehr zur Vollbeschäftigung, Schaffung von "Leistungsgerechtigkeit" sowie eine neue Entspannungspolitik und die Stärkung Deutschlands als Friedensmacht. Die zusammen mit den Grünen 1998 aufgebaute ökologische Industriepolitik will die SPD fortsetzen.


Kongress zur Mobilisierung der eigenen Anhänger

Geworben wird für den Ausbau von Mindestlöhnen und für Schaffung von flexiblen Übergängen in den Ruhestand. Bei der Rente mit 67 soll es aber bleiben. Oberstes Ziel einer "Bildungsoffensive" müsse es sein, den Schulerfolg von Kindern nicht länger von der sozialen Herkunft der Eltern abhängig zu machen. "Wir streben ein gebührenfreies Bildungssystem an, das auf jeder Stufe ein Recht auf Bildung verwirklicht." Weiter wirbt die SPD-Spitze für ihr Konzept, untere und mittlere Einkommen durch Senkung der Sozialabgaben zu entlasten und Spitzenverdiener bei der "Reichensteuer" stärker heranzuziehen.

Zu dem "Zukunftskongress" am Samstag, der parallel zur Eröffnung des FDP-Parteitages in München stattfindet, werden etwa 3000 SPD- Mitglieder und Anhänger erwartet. Beck wird die eintägige "Basis-Konferenz", auf der keine Beschlüsse gefasst werden, mit einer etwa einstündigen Grundsatzrede eröffnen. Daran schließen sich über 20 Diskussionsforen mit allen Regierungs- und SPD-Führungsmitgliedern an. Zum Abschluss wird SPD-Präsidentschaftskandidatin Gesine Schwan sprechen. Bereits im vergangenen Jahr hatte die SPD erstmals einen ähnlichen Kongress zur Mobilisierung der eigenen Anhänger in Hannover veranstaltet.
Steinmeier weitaus beliebter als Beck

Beck will bei seinem Auftritt auch eine klare Abgrenzung zur Partei Die Linke vornehmen. Vor einigen Monaten hatte Beck angekündigt, dass dieses Thema Schwerpunkt des Treffens sein werde. Solche Überlegungen wurden aber wieder fallen gelassen. In der Spitze gibt es aber inzwischen eine Verständigung darüber, dass auf dem SPD- Wahlparteitag im nächsten Jahr eine Festlegung erfolgen soll, dass eine Zusammenarbeit mit der Linken für die Zeit nach 2009 ausgeschlossen ist. Auch die SPD-Linke Nahles sprach sich inzwischen für einen solchen Beschluss aus, der vom früheren SPD-Chef Franz Müntefering ins Gespräch gebracht worden war.

Unterdessen gewinnt Steinmeier weiter an Popularität: Einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Nachrichtensenders n-tv zufolge halten 58 Prozent der Befragten Steinmeier für den besten SPD-Kanzlerkandidaten. Beck kommt nur auf 19 Prozent. Im Vergleich zu einer Umfrage im März bedeutet das für den Außenminister einen Gewinn von sieben Prozentpunkten und für Beck einen Verlust von fünf Punkten. Im Duell mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben aber beide SPD-Politiker derzeit keine Chance. Bei der Kanzlerpräferenz liegt Beck bei 13 Prozent und Merkel bei 57 Prozent. Auch die Alternative Merkel-Steinmeier sieht die Kanzlerin mit 52 zu 28 Prozent deutlich vor dem Vizekanzler. (nim/dpa)

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