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Ein Leben in Dunkelheit: So sieht der Alltag von vielen ME/CFS-Betroffenen aus. Post-Covid-Erkrankte sind weniger schwer betroffen, sie leiden beispielsweise an massiver Erschöpfung.

© Unsplash/Lucas Ludwig

Versorgung von Post-Covid: Lässt die Koalition die Betroffenen im Stich?

Die Union bringt am Donnerstag einen Antrag zum Thema Post-Covid in den Bundestag ein. Von den Liberalen kommt unerwartete Unterstützung.

Lässt die Ampelkoalition Menschen, die an Post-Covid oder ME/CFS leiden, im Stich? Betroffenenverbände beklagen seit langem eine unzureichende Versorgung und fehlende Anstrengungen der Politik. Nun bringt die Unionsfraktion das Thema im Bundestag erneut auf die Agenda. Und sogar vom Koalitionspartner FDP gibt es deutliche Kritik an Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD).

„Ich habe den Eindruck, dass vor allem die Patientenversorgung von Seiten des Gesundheitsministeriums nicht ausreichend priorisiert wird“, sagt Stephan Seiter, forschungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Er begrüßt die Initiative der Opposition: „Hier könnte ein Antrag helfen, der Regierung bei der Prioritätensetzung den Rücken zu stärken.“

Dabei sieht Seiter grundsätzliche eine große Einigkeit: „Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich der fraktionsübergreifende Konsens über die Notwendigkeit weiterer Maßnahmen zeitnah in Regierungshandeln niederschlägt.“

Die Unionsfraktion hat in den vergangenen Monaten zwei Anträge mit Vorschlägen für eine bessere Versorgung der Betroffenen und mehr Forschung in den Bundestag eingebracht. Einer der beiden wurde im Gesundheitsausschuss bereits mit den Stimmen der Koalitionsmehrheit abgelehnt. Einen dritten Antrag bringt die Unionsfraktion am Donnerstag ins Parlament ein. Darin fordert sie unter anderem den Aufbau einer nationalen Koordinierungsstelle für die Themen Post-Covid, Long-Covid und Post-Vac, also Impfnebenwirkungen.

Das sagen Betroffenenverbände

„Von der Ampelkoalition erwarte ich nun, dass die vielen Ankündigungen der letzten Monate in die Tat umgesetzt werden und wir endlich kurz- und langfristige Strukturen aufbauen können, um den Betroffenen zu helfen“, sagt der CSU-Bundestagsabgeordnete Erich Irlstorfer. „Es wäre unverständlich, wenn die Ampel ohne Gegenvorschlag auftritt und unsere Forderungen im Parlament erneut ablehnt.“

Betroffenenverbände hat die Union auf ihrer Seite. „Zu den im Koalitionsvertrag genannten Kompetenzzentren für ME/CFS und Long-Covid gibt es noch keine konkreten Ankündigungen. Die Versorgungslage ist dramatisch. Das Tempo in der Politik muss anziehen“, sagt Torben Elbers, Sprecher der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS.

Ähnlich sieht das Katharina Milde, Mitglied des erweiterten Vorstands im Verband Fatigatio e.V., der sich für ME/CFS-Betroffene einsetzt. „Von der Ampelkoalition sind bisher vor allem Absichtsbekundungen gekommen, aber wenig Konkretes“, sagt sie. „Wir sind der Union dankbar, dass sie das Thema mit ihren Anträgen in der Öffentlichkeit hält und der Ampelkoalition Druck macht.“

Knackige Überschriften, im Petitum aber viel Luft.

Linda Heitmann, Grünen-Abgeordnete, über den Antrag der Unionsfraktion

Im Januar hatte Gesundheitsminister Lauterbach angekündigt, in den kommenden Jahren 100 Millionen Euro in die Long-Covid-Forschung zu investieren. „Das wäre eine angemessene Größenordnung, aber gesichert ist noch nichts“, sagt dazu Milde.

Bei diesem Thema weist der FDP-Abgeordnete Seiter die Kritik der Union zurück: „Wir müssen im Bereich ME/CFS unter enormem Kostendruck Forschungsrückstände aufholen, die unter Jahrzehnten unionsgeführter Forschungspolitik erst entstanden sind.“ Im Rahmen der Projektförderung würden bisher 22,5 Millionen Euro zusätzlich für die gezielte Erforschung von Long- und Post-Covid bereitgestellt, teilt eine Sprecherin des FDP-geführten Bundesforschungsministeriums mit. Weitere Anstrengungen seien nötig.

Anträge wie die der Union enthielten „knackige Überschriften, im Petitum aber viel Luft“, sagt Linda Heitmann, zuständige Berichterstatterin der grünen Bundestagsfraktion. Die notwendigen Maßnahmen würden in unterschiedlichen Gesetzen und in den Haushaltsverhandlungen verankert.

Um diese Krankheiten geht es

Auf die verweist auch ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Sein Haus versuche, erhebliche Mittel zu gewinnen. Wichtig sei unter anderem der Aufbau eines deutschlandweiten Netzwerkes für die Patientenversorgung.

Es geht um unterschiedliche Krankheiten, zwischen denen es aber einen Zusammenhang gibt: Long-Covid- und Post-Covid-Erkrankte bleiben nach einer Corona-Infektion gesundheitlich beeinträchtigt. Symptome sind zum Beispiel Luftnot, kognitive Einschränkungen und Fatigue, eine schwere und dauerhafte Erschöpfung.

ME/CFS kommt als besonders schwere Form von Post-Covid vor, ist aber eine eigenständige Erkrankung, die schon lange vor der Corona-Pandemie bekannt war. Sie tritt auch als Folge anderer Infektionen, wie beispielsweise mit dem Epstein-Barr-Virus auf.

Kernsymptom ist die Belastungsintoleranz, die Betroffenen reagieren schon auf leichte Anstrengung mit einer gravierenden Verschlechterung des Gesundheitszustands. Sie haben starke Schmerzen, Herz-Kreislauf-Probleme, sind kognitiv beeinträchtigt und sehr empfindlich gegenüber Licht und Geräuschen. Entsprechend ist die Lebensqualität massiv eingeschränkt.

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