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Befruchtung im Labor. Gentests vor der Implantation sind zwar mit Einschränkung erlaubt, müssen bisher aber selber bezahlt werden.

© Thomas Lohnes/ picture-alliance/ dpa

Präimplantationsdiagnostik als Kassenleistung: Kritik an Spahn auch aus der eigenen Partei

Gesundheitsminister Spahn will die umstrittene Präimplantationsdiagnostik zur Kassenleistung machen. Dagegen regt sich Widerstand.

Schon die begrenzte Zulassung war eine schwere Geburt. 260 Bundestagsabgeordnete stimmten im Juli 2011 wegen ethischer Bedenken gegen Gentests an künstlich befruchteten Embryonen. Nun will Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) die sogenannte Präimplantationsdiagnostik (PID) zur Kassenleistung machen – und wieder gibt es Widerstand. Er kommt, wie schon damals, vor allem aus den Reihen der Grünen. Und aus seiner eigenen Partei.

„Es ist nicht Aufgabe der Solidargemeinschaft, das Selektieren von Embryonen zu finanzieren“

„Es ist nicht Aufgabe der Solidargemeinschaft, das Selektieren von Embryonen zu finanzieren“, sagte Grünen-Expertin Kirsten Kappert-Gonther dem Tagesspiegel. Die PID sei gesellschaftlich weiterhin stark umstritten – und der Gesetzgeber habe bei der Zulassung damals bewusst keine Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen beschlossen. Das ethisch sensible Verfahren für ausgewählte Indikationen und Paare jetzt „mal eben schnell per Änderungsantrag zur Regelleistung zu machen“, werde der Bedeutung dieses Themas nicht gerecht.

Ähnlich die Kritik des CDU-Abgeordneten Michael Brand. Die eingeschränkte PID-Zulassung bleibe so sensibel wie umstritten, sagte er dieser Zeitung. Im Frühjahr werde es im Bundestag „aus gutem Grund“ eine Orientierungsdebatte zu dem „sehr verwandten Thema der Bluttests“ geben, mit denen Downsyndrom-Embryonen aussortiert werden können.

CDU-Politiker kritisiert "heimlich vorgenommene Änderung"

In diesen Kontext gehöre auch das Thema PID, beharrte Brand. Es gebe „überhaupt gar keinen Anlass für eine solch eher heimlich vorgenommene Änderung“, wie sie Spahn jetzt plane.

Tatsächlich hat der Minister seinen Vorstoß auf die Schnelle noch in einen Änderungsantrag für das seit langem geplante Terminservice- und Versorgungsgesetz gepackt, das die erste Lesung bereits hinter sich hat und an diesem Mittwoch den Gesundheitsausschuss beschäftigte. Die Kosten für die Beitragszahler würden sich nach Schätzungen des Bundesrats, der einen vergleichbaren Vorschlag gemacht hat, auf rund 2,6 Millionen Euro im Jahr belaufen.

Im November 2014 hatte das Bundessozialgericht ausdrücklich beschieden, dass die PID nach aktueller Gesetzeslage keine Kassenleistung ist (AZ: B 1 KR 19/13 R). Der Kläger - ein Mann aus Karlsruhe mit vererblichem Gendefekt - hatte bei der Barmer Krankenkasse erfolglos eine Kostenübernahme beantragt und vor Gericht vergeblich ein "Recht auf ein gesundes Kind" geltend gemacht.

Kosten oft weit über 10.000 Euro

Bei der PID werden erst wenige Tage alten Embryonen auf Symptome für Erbkrankheiten oder andere Unregelmäßigkeiten an den Chromosomen untersucht, bevor sie in die Gebärmutter eingesetzt werden. Auch andere Merkmale wie etwa das Geschlecht können durch solche Diagnostik bereits im frühen Stadium bestimmt werden. Das Verfahren ist aber nur Eltern erlaubt, die sich vorher beraten lassen und deren Genanlagen schwere Krankheiten, Tot- oder Fehlgeburten des Kindes wahrscheinlich machen.

Anders als bei der künstlicher Befruchtung müssen Antragsteller die Kosten für die PID samt Genehmigungsverfahren, die weit über 10.000 Euro liegen können, bisher alleine tragen. Spahn möchte das ändern – jedoch nur für verheiratete Paare. Auch das kritisieren die Grünen. „Warum dann auch nur heterosexuelle Ehepaare diesen Anspruch erhalten sollen, versteht kein Mensch mehr“, sagte Kappert-Gonther.

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