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Koalition

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Präsentation des Koalitionsvertrags: Koalition verspricht starke Entlastung

Die neue Koalition präsentiert sich als Reformbündnis mit sozialem Antlitz. Merkel kündigt einen "Schutzschirm für Arbeitnehmer" an, Westerwelle breite Steuersenkungen.

Die Steuern sollen schon bald sinken, weitere Reformen insbesondere im Gesundheitswesen folgen: Am Morgen präsentierten Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle das künftige Programm der schwarz-gelben Koalition. Der neue Koalitionsvertrag weise "mutig in die Zukunft", sagte Merkel. Die Verhandlungen seien nicht immer einfach gewesen – nun habe sie "Mut und Lust" auf die Arbeit.

Die Kanzlerin verwies auf die großen und schwierigen Aufgaben, vor denen die neue Regierung stehe. "Diese Krise ist einmalig in der Geschichte der Bundesrepublik. Wir brauchen langfristige Veränderungen der Gesellschaft, damit wir das 21. Jahrhundert bewältigen können." Der designierte Außenminister und Vizekanzler Westerwelle betonte: "Wir glauben, dass es einen wirklichen Aufbruch in unserem Land geben kann." Seehofer hob hervor, das der Koalitionsvertrag auch ein "soziales Gesicht" habe.

CDU, CSU und FDP hatten sich nach rund dreiwöchigen Verhandlungen erst am frühen Morgen unter der Überschrift "Wachstum, Bildung, Zusammenhalt" auf einen 124-seitigen Fahrplan für die kommenden vier Regierungsjahre geeinigt. Ein zentraler Punkt sind geplante Steuersenkungen im Umfang von 24 Milliarden Euro. Entastet werden sollen Familien mit Kinder, aber auch Arbeitnehmer, Unternehmen und Erben. In der Einkommensteuer soll der von der FDP geforderte Stufentarif eingeführt werden.

In einem ersten Schritt werden bereits im Januar 2010 der Kinderfreibetrag auf jährlich 7008 Euro und das Kindergeld um jeweils 20 Euro pro Monat angehoben und damit weniger, als ursprünglich geplant. Entlastungen kündigten die drei Parteivorsitzenden auch bei der Erbschaftssteuer und den Unternehmenssteuern an. Den Gesamtumfang dieser Entlastung ab am 1. Januar 2010 bezifferten sie auf 14 Milliarden Euro.

Möglicherweise schon 2011 soll dann eine Steuerstrukturreform mit einem Stufentarif in Angriff genommen werden, mit einem Entlastungsvolumen von 24 Milliarden Euro pro Jahr. Merkel schloß Steuererhöhungen für gesamte Legislaturperiode aus: "Mein Versprechen, die Steuern nicht anzuheben, das gilt." Die Kanzlerin schloss aber nicht aus, dass Sozialbeiträge angehoben werden.

Details zur Finanzierung der Steuerpläne nannte die Kanzlerin nicht. "Wir setzen auf Wachstum", sagte sie lediglich. Die Regierung werde alles daran setzen, so viele Menschen in Arbeit zu bringen wie möglich. Man werde sich im Jahr 2011 anschauen, "was die Reformen gebracht haben". Zugleich versprach die Kanzlerin einen "Schutzschirm für Arbeitnehmer". Der Staat solle die Folgekosten des Abschwungs in der Krankenversicherung und bei der Bundesagentur für Arbeit übernehmen, damit die Bürger nicht die volle Last der Rezession tragen müssten. Finanziert werden soll dies in einem Sonderhaushalt.

Das Betreuungsgeld von 150 Euro für die Erziehung von kleinen Kindern in den Familien soll vom Jahr 2013 an alternativ als Bargeld oder als Gutschein für Bildungsangebote ausgezahlt werden, sagte Seehofer. "Es wird nicht das ganze Volk entmündigt", sagte Seehofer zu der Forderung vor allem aus der FDP und der CDU, das Geld nicht in bar auszuzahlen. 

Das erst Anfang 2008 reformierte Gesundheitswesen soll erneut grundlegend umgebaut werden. Die Versicherten werden künftig eine vom Einkommen unabhängige Pauschale zahlen müssen - ob zusätzlich zum bisherigen Beitrag oder als alleine Kopfpauschale ist zwischen den Koalitionären noch umstritten. Das genaue Modell soll eine Kommission erarbeiten, die aber wohl nicht mehr vor der wichtigen Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen im Frühjahr 2010 Ergebnisse vorlegen wird. Westerwelle sagte, die Kommission werde länger Zeit brauchen.

Als globale Herausforderung bezeichnete Merkel den Klimaschutz. "Unser Ziel ist eine Energiepolitik aus einem Guss, die hinführt in ein Zeitalter erneuerbarer Energien." Die Koalition wolle einen Energiemix. Union und FDP wollen dabei die Laufzeiten der Atomkraftwerke verlängern. Dies wird laut Koalitionsvertrag jedoch an die "Einhaltung der strengen deutschen und internationalen Sicherheitsstandards" geknüpft. Alle weiteren Details zum Ausstieg aus dem Atom-Ausstieg sollen möglichst schnell mit den Stromkonzernen geklärt werden.

Dabei soll auch geklärt werden, wieviel die Energiekonzerne von ihren Milliarden-Zusatzgewinnen aus längeren Laufzeiten abgeben müssen, und wann das sein wird. Die Mittel sollen zum Ausbau der Öko-Energien in einen Fonds oder eine Stiftung fließen. Union und FDP haben zudem festgelegt, dass das niedersächsische Gorleben weiter als Endlager-Standort geprüft wird.

Der designierte Außenminister Westerwelle kündigte an, dass er einen Abzug der letzten Atomwaffen aus Deutschland erreichen will – im Gespräch mit den Verbündeten.

"Mut zur Zukunft"

Der FDP-Chef sagte: "Mut zur Zukunft, das ist das zentrale Motiv dieses Koalitionsvertrages." Die Vereinbarungen mit der Union seien eine hervorragende Grundlage für unser Land". Der Vertrag trage auch eine "liberale Handschrift". Alle, die vor der Wahl behauptet hätten, Schwarz-Gelb sei eine soziale Gefahr, würden eines Besseren belehrt.

Westerwelle betonte, bei Hartz IV werde die neue Regierung die "gröbsten Ungerechtigkeiten" beseitigen. Das bisher "lächerlich geringe" Schonvermögen, das Langzeitarbeitslose ansparen dürften und was vor der Anrechnung durch den Staat geschützt ist, werde auf 750 Euro pro Lebensjahr verdreifacht. "Das ist eine gute Nachricht gerade für diejenigen, die vielleicht gerade in einer schwierigen Lebensphase sind", sagte der FDP-Chef.

CSU-Chef Seehofer zeigte sich "sehr zufrieden". Er stellte Steuerentlastungen, das geplante Betreuungsgeld und Hilfen für die deutschen Bauern in den Mittelpunkt. "Wir haben sehr Wert darauf gelegt, dass mehr netto vom brutto realisiert wird wie versprochen", sagte der bayerische Ministerpräsident.

Quelle: ZEIT ONLINE

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