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Nur nicht glamourös. Frankreichs neuer Präsident Hollande will viel mit dem Zug und dem Auto reisen, um den Kontakt zum normalen Leben nicht zu verlieren. Foto: Frank Perry/AFP

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Politik: Präsident und Jedermann

Frankreichs neues Staatsoberhaupt will möglichst normal leben – Sicherheitsexperten sehen das nicht gern.

Wie normal darf ein Präsident leben? Diese Frage beschäftigt zur Zeit Frankreich. Die Sicherheitsbehörden sind in Alarmbereitschaft. Staatspräsident François Hollande will sich möglichst volksnah geben und normal weiterleben. Er fährt mit dem Zug und weite Strecken mit dem Auto statt mit dem Staatsflugzeug. Das wirft Sicherheitsprobleme auf, die es bei seinen Vorgängern nicht gab.

Hollande macht den Sicherheitsbehörden Kopfzerbrechen. Im Wahlkampf hatte er versprochen, ein Präsident zu sein, der dem Volk nahesteht. Er wollte mit dem Image seines Vorgängers Nicolas Sarkozy brechen, der als glamouröser „BlingBling-Präsident“ kritisiert wurde. Hollande will dagegen Geld sparen und Vorbild sein, wenn es die Zeit erlaubt. Doch diese politische Strategie ist für seine Leibwächter eine Herausforderung.

In der vergangenen Woche entschied er überraschend, mit dem Zug zum Gipfel nach Brüssel zu reisen. „Niemand war vorgewarnt, die Neuigkeit wurde erst in letzter Minute angekündigt, um für möglichst viel Sicherheit zu sorgen“, zitierten die Medien Polizeikreise. Für Frankreichs Medien ist das Sicherheitsproblem um ihren Präsidenten ein großes Thema. Immerhin fuhr Hollande erster Klasse, umgeben von zehn Leibwächtern. Die Passagiere im Zug wurden nicht überprüft, aber die Sicherheitsleute des Präsidenten hielten diese auf Abstand zu Hollande.

Gleichzeitig fuhren mehrere Autos Richtung Brüssel, aber kein Flugzeug, was teuer geworden wäre. Sarkozy war dagegen immer mit zwei Flugzeugen nach Brüssel gereist. Zurück fuhr Hollande mit dem Wagen. Um möglichst unauffällig zu bleiben, wurde auf Motorradfahrer um die Präsidentenkolonne und Sirenen verzichtet, hieß es aus dem Innenministerium. Dabei wurde die Geschwindigkeitsbeschränkung eingehalten und auch an roten Ampeln gehalten. Sollte der Präsident weiterhin Auto fahren, müssten zwei Motorradfahrer neben den hinteren Türen fahren, um diese zu bewachen, sobald das Auto an der Ampel hält.

Kritisiert wurde Hollande für seine Reisegewohnheiten von Henri Guaino, dem ehemaligen Berater von Sarkozy: „Es ist kompliziert, nicht sehr professionell und nicht vernünftig.“ Auch ein Polizist, der ihn bewacht, erklärte: „Das ist sehr sympathisch, aber nicht sehr professionell.“ Im Elyséepalast hieß es zu den Sicherheitsfragen um diese Reise, man habe die Sicherheitsnormen eingehalten.

Die Sicherheitsspezialisten halten es aber für ausgeschlossen, dass Hollande weiterhin mit dem Zug reisen kann. „Alle wissen, wann Gipfel in Brüssel sind. Der Überraschungseffekt wäre vorbei“, sagte ein Experte für offizielle Staatsreisen. Dann würden Tausende von Menschen und Journalisten dem Präsidenten am Bahnhof auflauern. Die Sicherheit könnte nicht mehr garantiert werden.

Abgeraten wird dem Präsidenten auch davon, mit seiner Lebensgefährtin Valérie Trierweiler weiterhin in seinem Mehrfamilienhaus in der Rue Cauchy im 15. Pariser Arrondissement wohnen zu bleiben. Die großen Fensterscheiben sind ein Albtraum für die Sicherheitsbeamten. „Wenn es die Nachbarn nicht stört und es kein Sicherheitsproblem gibt, bleiben wir hier“, betonte allerdings Hollande, der auch gern selbst einkauft, in den Straßen von Paris spazieren geht und mit Passanten plaudert, so wie einst François Mitterrand als Präsident. Vorläufig sorgt ein Team von Polizisten, die Hollande schon während des Wahlkampfes begleitet hatten, und Polizisten, die vorher im Einsatz für den Elyséepalast waren, für seine Sicherheit. Insgesamt sind es rund 40 Beamte, die in drei Schichten arbeiten. Am neuen Sicherheitsplan wird noch gearbeitet, dabei könnten auch Beamte aus einer Antiterroreinheit zum Einsatz kommen.

Doch Hollande kann selbst entscheiden, wie er sich und seine Familie schützen lassen will. Im Gegensatz zum US-Präsidenten kann er nicht gezwungen werden, sich den Anforderungen der Sicherheitsbehörden zu beugen. Doch es heißt in Paris, Hollande mache sich nicht sehr viele Sorgen um seine Sicherheit.

Die Strategie des Präsidenten, wie „Monsieur Tout-le-Monde“, Herr Jedermann, leben zu wollen, birgt allerdings noch ein weiteres Risiko. Die Funktion des Präsidenten darf nicht banalisiert werden, die Würde muss gewahrt bleiben, heißt es in Frankreich. Seine Minister, die ihn alle gut kennen, nennen ihn deshalb nicht mehr François, sondern „Monsieur Le Président“.

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