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Politik: Präsidentenwahl in Polen: Gedämpfte Stimmung selbst beim Sieger

Es ist kurz nach 20 Uhr, die erste Prognose flimmert über die Bildschirme des staatlichen Fernsehens, und sie bestätigt, was alle geahnt und viele in Polen gehofft haben: Präsident Aleksander Kwasniewski ist in der ersten Runde wiedergewählt, mit absoluter Mehrheit und deutlichem Abstand zu allen Herausforderern. Doch in der Wahlkampfzentrale Kwasniewskis hält sich die Euphorie in Grenzen.

Es ist kurz nach 20 Uhr, die erste Prognose flimmert über die Bildschirme des staatlichen Fernsehens, und sie bestätigt, was alle geahnt und viele in Polen gehofft haben: Präsident Aleksander Kwasniewski ist in der ersten Runde wiedergewählt, mit absoluter Mehrheit und deutlichem Abstand zu allen Herausforderern. Doch in der Wahlkampfzentrale Kwasniewskis hält sich die Euphorie in Grenzen. Als Kwasniewski dort auftaucht, haben die Leibwächter keine Mühe, ihn vor allzu stürmischen Umarmungen in Schutz zu nehmen. "Was ist los", fragt er leicht amüsiert, "warum so traurig, habt ihr eine Prognose, die ich noch nicht kenne?" Der Saal singt ihm ein Ständchen, doch die Stimmung bleibt merkwürdig lau. Der Sieg stand von Anfang an fest, und er erforderte keine besonderen Anstrengungen.

So unterscheidet sich die Stimmung der Sieger nicht sehr von der Laune der Verlierer. In einer Warschauer Galerie lassen die Anhänger von Marian Krzaklewski ihren Kandidaten mit rhythmischem Applaus und weißen Ballons hochleben, obwohl der eigentlich nicht viel hat, was er feiern könnte. Ersten Auszählungen zufolge liegt der Kandidat des regierenden Wahlbündnisses "Solidarität" (AWS) mit 17,8 Prozent der Stimmen nur ganz knapp vor dem liberalen, parteilosen Ex-Außenminister Andrzej Olechowski, der einen viel bescheideneren Wahlkampf geführt hat. Doch für Krzaklewski scheint es schon ein Erfolg zu sein, dass er nicht noch weiter hinten liegt. In Wirklichkeit, so verkünden führende AWS-Politiker unter der Hand, sei es nie darum gegangen, die Wahl zu gewinnen, sondern eine gute Ausgangsbasis für die Parlamentswahlen im nächsten Jahr zu schaffen. Das heißt: Keine Konkurrenz rechts der AWS zu schaffen und die Reihen geschlossen zu halten. Wenn die AWS nicht politisch Selbstmord begehen wolle, könne sie ein halbes Jahr vor Neuwahlen ohnehin nicht ihr Zugpferd auswechseln. AWS-Sprecher Jacek Rybicki redet die Niederlage herunter: Sein Parteichef sei nur ein klein wenig unter den Ergebnissen geblieben, die AWS in den Umfragen der letzten Jahre erhalten habe.

Katzenjammer herrscht bei den dubiosen Kandidaten, die durch Krzaklewskis populistischen Wahlkampf an den Rand gedrängt wurden und Ergebnisse unter 3 Prozent erhalten haben. Fast alle haben die gleiche Erklärung für ihre Niederlage: Das Volk sei eben noch nicht so weit, ihre Weisheit zu erkennen. Jan Lopuszanski, Polens radikalster EU-Gegner, verkündet, er wolle auf der Basis seiner 0,8 Prozent eine mächtige neue Gruppierung aufbauen, die sich gegen die "Liquidierung der polnischen Souveränität" stellen werde. Piotr Ikonowicz, Polens einziger Linksradikaler, der in der Wirtschaftspolitik die gleichen Forderungen wie die radikalen Rechten stellt, hat sich mit einem Grüppchen Arbeiter der staatlichen Energieversorgung, die Lohnerhöhungen fordern, in einem Fabrikgebäude verbarrikadiert. Auch dem Ex-Präsidenten und Nobelpreisträger Lech Walesa haben die Wähler die rote Karte gezeigt. Von den 48 Prozent der Stimmen, mit denen er vor fünf Jahren knapp gegen Kwasniewski unterlag, sind nur noch 0,9 Prozent übrig geblieben.

Jan Stanczyk

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