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Die Email-Affäre erhöht den Druck auf Hillary Clinton.

© Kena Betancur/AFP

Präsidentschaftswahl in den USA: Trump gewinnt Nominierung, Clinton schwächelt

Donald Trump hat genug Delegierte für die Präsidentschaftskandidatur der Republikaner zusammen. Seine Kontrahentin Hillary Clinton fällt in Umfragen zurück

Der Kampf um Barack Obamas Nachfolge im Weißen Haus durchläuft eine vorentscheidende Phase. Im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen dabei nicht die Stärken der beiden Kandidaten, ihre politischen Zielen und die Frage, welchen Weg die USA unter ihren einschlagen würden. Sondern ihre Fehltritte, Charakterschwächen und Verwundbarkeiten. Für Hillary Clinton wächst die Gefahr, dass sie wegen ihres rechtswidrigen Umgang mit ihren Dienst-Emails als Außenministerin angeklagt wird und ihre Kandidatur aufgeben muss. Zudem fällt sie in den Umfragen zurück.

Donald Trump nahm am Donnerstag die formale Hürde für die Nominierung von mindestens 1237 Delegierten für den Parteitag. Er machte aber auch mit neuen rhetorischen Ausfällen, gewaltsamen Zusammenstößen am Rande seiner Wahlkampfveranstaltungen und Zweifeln, ob die traditionellen Großspender der Republikaner ihn unterstützen werden, von sich reden.

"Nicht erlaubt": Dienst-Emails über Clintons privaten Server

Durch einen Prüfbericht des US-Außenministeriums für den Kongress gerät Clinton stärker unter Druck. Der Bericht widerlegt ihre Darstellung, das Ministerium habe es ihr „erlaubt“, Dienst-Emails über ihren privaten Server laufen zu lassen. Er habe „keine Belege für eine Genehmigung gefunden“, schreibt der Generalinspektor des Ministeriums. „Wegen bedeutsamer Sicherheitsrisiken“ sei es nicht erlaubt, Dienstkorrespondenz über private Server abzuwickeln. Für eine abweichende Praxis hätte Clinton eine Erlaubnis beantragen müssen. Dies sei nicht geschehen. Und: Hätte sie den Antrag gestellt, wäre er abgelehnt worden.

Der Bericht war vorab an einzelne Medien durchgestochen worden und dient den Republikanern als frische Munition gegen Clinton. Ihr republikanischer Kontrahent Donald Trump kündigte an, er werde die Nachricht, dass sie die Unwahrheit gesagt habe, „groß herausbringen“. Hier zeige sich ein genereller Charakterfehler Clintons. „Sie mogelt, aber am Ende wird sie dabei erwischt.“
Demokraten spielten den Neuigkeitswert herunter. Clintons Vorgänger seien ähnlich mit Dienstemails umgegangen, etwa der Republikaner Colin Powell. Für Dianne Feinstein, Senatorin aus Kalifornien, enthält der Bericht „nichts Neues“.

Umfrageschwäche nur vorübergehend?

Weitere Unruhe in Hillarys Lager lösen die Umfragen aus. Im Schnitt der Erhebungen liegt sie erstmals knapp hinter Trump, mit 43,2 zu 43,4 Prozent. Vor einem Monat lag sie noch mit 49,5 zu 40,3 Prozent vorne, vor zwei Monaten mit 50,4 zu 39,0 Prozent. Die Kommentatoren geben vor allem zwei Erklärungen. Zum Einen sei dies eine vorübergehende Schwächephase. Trump habe keine Gegenkandidaten mehr im republikanischen Lager. Clinton müsse sich noch mit dem innerparteilichen Rivalen Bernie Sanders auseinandersetzen. Interner Streit drücke die Umfragewerte. Sobald ein Kandidat endgültig feststehe, konsolidiere sich die Unterstützung im eigenen Lager. Das habe sich auch in den Präsidentschaftswahlen 2008 und 2012 gezeigt.
Zum Anderen sondiere Clinton noch, wie sie auf Trumps unorthodoxen Stil antworten solle. Er vermeidet sachliche Auseinandersetzungen, zum Beispiel um die Steuer- oder die Außenpolitik und verlegt sich auf persönliche Angriffe. Er macht Bill Clintons Frauenaffären und Verschwörungstheorien um den Selbstmord des Clinton-Mitarbeiters Vincent Foster 1993 zum Thema. Soll sie darauf antworten und offenkundige Unwahrheiten widerlegen? Und würde ihr das überhaupt nützen, weil sie dann die Reagierende wäre, statt ihre Themen zu setzen?

Suche nach Strategie gegen Trumps unorthodoxen Stil

James Carville, ein erfahrener Strategieberater der Demokraten, rät ihr ab, direkt auf Trumps Angriffe zu reagieren. Die Schlammschlacht wie auch die Verteidigung dagegen müssten andere im Clinton-Team übernehmen, sogenannte „Surrogates“. Hillary solle sich darauf konzentrieren, ihre Anhänger zu mobilisieren. „Trump gewinnt nicht die Wahl, indem er mehr Schlagzeilen produziert.“

Im republikanischen Lager findet Trumps Stil ein gespaltenes Echo. Konservative Rundfunkmoderatoren wie Rush Limbaugh loben ihn. Trump greife die Clintons in Themengebieten an, vor denen sich frühere Kandidaten der Republikaner scheuten – und die deshalb verloren hätten. „Wer höflich bleibt, verliert“, bekräftigt Roger Stone, ein Spezialist für schmutzige Angriffe. Moderate Konservative wie Jon Seaton widersprechen: Trump habe keine Erfahrung, wie man ein politisches Programm vertrete und Parteikonsens herstelle. Er denke nur in Schlagzeilen und „Informationskrieg“. Mark Salter, Stabschef des republikanischen Präsidentschaftskandidaten 2008, John McCain, warnt, Trump erreiche so nur den extremistischen Rand.

Trump attackiert Gouverneurinnen der Republikaner

Irritation löst auch Trumps Kritik an republikanischen Amtsträgern aus, darunter weibliche Gouverneure nicht-weißer Abstammung. In New Mexiko kritisierte er Gouverneurin Susana Martinez, eine Latina. Wenn sie nicht handele, werde er „die Wirtschaft hier in Schwung bringen“. In Kalifornien verspottete er die republikanische Gouverneurin Nikki Haley, deren Familie aus Indien stammt, weil sie Marco Rubio als Präsidentschaftsbewerber unterstützt hatte. Paul Ryan, der „Speaker“ des Repräsentantenhauses und ranghöchste Republikaner, bekräftigte, er könne noch keine Unterstützungserklärung für Trump abgeben.

Trump wird bei seinen Auftritten vermehrt von organisierten Gegnern empfangen. In New Mexiko und Kalifornien kam es zu gewaltsamen Gerangeln.

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