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Der Chef der Bewegung "En marche!", Emmanuel Macron.

© AFP

Präsidentschaftswahl in Frankreich: Macron, der Überraschungskandidat

Seit der Bekanntgabe seiner Präsidentschaftskandidatur im November hat sich Frankreichs Ex-Wirtschaftsminister Macron erfolgreich als Kandidat der Mitte positioniert - und liegt in Umfragen sogar vor dem Konservativen Fillon.

Es ist ein kometenhafter Aufstieg. Noch vor zwei Jahren war Emmanuel Macron den meisten Franzosen unbekannt. Jetzt gilt der 39-Jährige auf einmal als Hoffnungsträger: Nach einer vom Meinungsforschungsinstitut Harris Interactive am Ende des alten Jahres veröffentlichten Umfrage landete der Chef der Bewegung „En marche!“ („Auf geht’s“) in der Beliebtheit vor Marine Le Pen und François Fillon. Bislang gingen viele Beobachter davon aus, dass Le Pen, die Vorsitzende des rechtsextremen Front National, und Fillon, der Kandidat der konservativen Republikaner, die Entscheidung um die Nachfolge des amtierenden Staatschefs François Hollande unter sich ausmachen würden.

Kommende Woche will der Ex-Minister in Berlin auftreten

Frankreichs früherer Wirtschaftsminister Macron ist der jüngste unter allen Kandidaten für das Amt des Präsidenten, der in zwei Wahlgängen Ende April und Anfang Mai gewählt wird. Aber nicht nur sein Alter hebt ihn unter seinen Mitbewerbern heraus. Macron geht das Wagnis ein, einen pro-europäischen Wahlkampf zu führen. Das frühere Mitglied der sozialistischen Regierung will zwar die Sorgen der Bevölkerung angesichts der Terrorbedrohung aufgreifen, gleichzeitig aber die europäischen Errungenschaften wie den kontrollfreien Schengen-Raum hochhalten. Was er über das deutsch-französische Verhältnis denkt und wie er die Zukunft Europas sieht, will er am kommenden Dienstag bei einem Vortrag in der Berliner Humboldt-Universität darlegen.

"Grenzen besser überwachen, aber nicht schließen"

In einem Beitrag für die Zeitung „Le Monde“ ließ er in dieser Woche die Öffentlichkeit schon einmal wissen, welchen Weg die EU künftig beschreiten soll. „Wir alle sind Berliner, wir alle sind Europäer“, schrieb Macron mit Blick auf den Anschlag auf dem Breitscheidplatz. Nach dem Attentat in Berlin sei Europa einmal mehr „auf die Probe gestellt“ worden, schrieb Macron. Angesichts der gemeinsamen Bedrohung durch den Terrorismus seien Deutschland und Frankreich so eng zusammengerückt wie nie zuvor, lautete die Einschätzung des Präsidentschaftskandidaten. Nach seiner Auffassung müsse die Antwort auf die Terrorbedrohung darin bestehen, die Grenzen besser zu überwachen, aber nicht zu schließen.

Lob für Merkel

Ausdrücklich verteidigte Macron in dem Zeitungsbeitrag die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Vorwurf, dass Merkel mit der Öffnung der Grenze für die Flüchtlinge im September 2015 ganz Europa in Gefahr gebracht habe, sei eine „schändliche Vereinfachung“, schrieb der Kandidat. Vielmehr hätten Merkel und die deutsche Gesellschaft durch die Aufnahme der Flüchtlinge „unsere gemeinsame Würde gerettet“.

Macron grenzte sich damit nicht nur von der rechtsextremen Kandidatin Marine Le Pen ab. Sie hatte nach dem Anschlag von Berlin kritisiert, dass der mutmaßliche Attentäter Anis Amri die Reisefreiheit im Schengen-Raum genutzt habe, um auf seiner Flucht von Deutschland nach Italien zu gelangen. Auch der frühere Premierminister Manuel Valls, der als Präsidentschaftsanwärter am Ende dieses Monats bei einer Vorwahl der Sozialisten antritt, hatte in der Vergangenheit Bedenken gegen Merkels Flüchtlingspolitik geäußert.

Euphorie um Fillon ist fürs erste verflogen

Unterdessen haben Macrons gute Umfragewerte bereits einige Nervosität im Lager von François Fillon ausgelöst, der bislang als Favorit bei der Präsidentschaftswahl gilt. Die Unterstützer von Fillon mussten mit ansehen, dass sich die Euphorie rund um ihren Kandidaten seit dessen Erfolg bei der parteiinternen Vorwahl im November inzwischen wieder gelegt hat. Viele Wähler stellen sich die Frage, ob Fillons angekündigte Schock-Therapie tatsächlich das Richtige für Frankreich ist. So hatte der frühere Regierungschef angekündigt, er wolle den Staatsdienst um 500.000 Stellen verkleinern.

Zwar dürfte Fillon bis zur ersten Runde der Wahl im April verstärkt versuchen, politische Angebote für die gemäßigte Mitte zu machen. Genau dort, zwischen Republikanern und Sozialisten, hat sich indes Macron seit der Bekanntgabe seiner Kandidatur im vergangenen November etabliert. In der jüngeren Geschichte im Nachbarland ist es keinem Vertreter des Zentrums gelungen, Präsident zu werden. Sollte Macron dies tatsächlich schaffen, wäre das eine Revolution in der französischen Politik.

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