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Wem gehören die Rechte an erotischen Fotos des Ex-Partners?

© Julian Stratenschulte/dpa

Privatpornos und ein BGH-Urteil: Wem gehören Nacktbilder nach dem Ende einer Beziehung?

Die Intimsphäre ist zweifellos schützenswert. Doch was ist verwerflich daran, Bilder von einem/einer Ex zu behalten? Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Jost Müller-Neuhof

Liebe ist… Darauf gibt es eine Fülle Antworten. „Ein Gerichtsurteil“ fällt regelmäßig nicht darunter. Urteile gibt es erst, wenn die Liebe irgendwann vorbei ist. Dann muss die Justiz voneinander lösen, was der liebe Gott, die Sehnsucht oder auch nur ein kurzweiliges Sexualinteresse zusammengefügt hatte. Mit der Digitalisierung und der menschlichen Neigung, haben zu wollen, was nur gelebt werden kann, ist die Liebe als solche in den Kampf um Recht und Eigentum hineingezogen worden. Die Liebe oder das, was im Medienzeitalter oft darunter verstanden wird: der Porno.

„Unbekleidet und teilweise bekleidet“

Solche, Pornos nämlich, werden heutzutage nicht nur wie eh und je für die Massen hergestellt, sondern auch von den Massen. Manche Paare stellen sie ins Internet, andere behalten sie für sich; Szenen, die einen oder beide Partner „vor, während oder im Anschluss an den Geschlechtsverkehr“ zeigen und die jetzt der Bundesgerichtshof (BGH) beurteilen musste.

Denn ihm lag der Fall einer Frau vor, die ihren Gatten mit einem Fotografen betrog, was Bundesrichter nie so sagen würden, denn es ist wertend und vielleicht war der Gatte ja mit allem einverstanden, also: „Die Parteien hatten eine – für die Klägerin außereheliche – intime Liebesbeziehung“, in deren Rahmen Bilder und Fotos gefertigt wurden, welche die Frau „unbekleidet und teilweise bekleidet“ in engem Zusammenhang mit geschlechtlichen Begegnungen zeigten. Nach dem Ende der Affäre stellte sich die Frage: Muss der Fotograf den intimen Bildschatz löschen?

Eine Rechtsfrage, bei der man ausnahmsweise die Gefühle spielen lassen darf. Denn in Gesetzen steht keine Lösung. Der BGH hat sich auf folgende geeinigt: Die Intimsphäre ist eine Tabuzone. Wer den geliebten Partner samt Kamera hineinlässt, tut dies nur so lange, wie die Liebe dauert. Das Zauberwort heißt „konkludent“. Die Partner schließen durch schlüssiges Verhalten eine Art Vertrag. Darüber reden muss man nicht.

Jost Müller-Neuhof ist rechtspolitischer Korrespondent des Tagesspiegels. Seine Kolumne "Einspruch" erscheint jeden Sonntag auf den Meinungsseiten.
Jost Müller-Neuhof ist rechtspolitischer Korrespondent des Tagesspiegels. Seine Kolumne "Einspruch" erscheint jeden Sonntag auf den Meinungsseiten.

© Kai-Uwe Heinrich

Die Intimsphäre ist zweifellos schützenswert. Die (Grund-)Rechte anderer allerdings auch. Wie steht es mit Eigentum und Kunstfreiheit? Und welchen Schutz verdient ein Partner, der sich beim Seitensprung im Digitalzeitalter freiwillig digitalisieren lässt? Offenbar einen großen. Das Urteil ist durchdrungen von der Sorge, dass der Fotograf sein Material veröffentlichen könnte.

Aber es ist nicht Aufgabe des BGH, Prävention zu betreiben. Er muss Rechtspositionen in einen Ausgleich bringen. Was soll verwerflich daran sein, Nacktbilder eines früher geliebten Menschen zu besitzen, so lange sie nicht ins Netz gelangen? Wenn es um mehr als dies nicht geht, darf die Rechtsordnung großzügig sein.

Ein Rechtsstreit um Papierfotos oder Super-8-Filmchen, die in früherer Zeit mal für Privatpornos herhalten mussten – er wäre unvorstellbar gewesen. Die Liebe ist folglich dann zu Ende, wenn Löschungsansprüche bestehen.

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