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Politik: Protest gegen FPÖ: "Unabhängigkeit und Gewaltenteilung in Gefahr"

Den beispiellosen Attacken von FPÖ-Politikern auf die österreichische Justiz ist nun ein beispielloser Protest gefolgt: Mehr als zwei Drittel aller Richter und Staatsanwälte wehren sich in einem Offenen Brief gegen politischen Druck.Vor den Feiertagen hatten sie nicht mehr viel erwartet; irgendwann im Januar, so dachten die zehn Wiener Richter und Richterinnen, würden sie wohl tausend Unterschriften beisammen haben.

Den beispiellosen Attacken von FPÖ-Politikern auf die österreichische Justiz ist nun ein beispielloser Protest gefolgt: Mehr als zwei Drittel aller Richter und Staatsanwälte wehren sich in einem Offenen Brief gegen politischen Druck.

Vor den Feiertagen hatten sie nicht mehr viel erwartet; irgendwann im Januar, so dachten die zehn Wiener Richter und Richterinnen, würden sie wohl tausend Unterschriften beisammen haben. Sie täuschten sich gründlich: Ihr Vorschlag für eine Protestresolution fegte wie ein Sturm durch Österreichs Gerichte und Staatsanwaltschaften. Innerhalb einer einzigen Woche setzten dort 1300 von 1800 Juristen ihre Unterschrift unter das Papier - vom kleinen Bezirksrichter in der Provinz bis hin zu Senatspräsidenten am Obersten Gerichtshof.

Sie wehren sich in bewusst allgemeiner Form gegen "Versuche, die Justiz der Politik dienstbar zu machen", zeigen sich "besorgt", angesichts "öffentlicher Äußerungen führender Politiker über die Justiz" und schreiben weiter: "Unabhängigkeit und Gewaltentrennung sind in Gefahr, wenn mit unverhohlenem politischen Druck auf laufende Verfahren Einfluss genommen werden soll."

Namen werden keine genannt. Das ist offensichtlich eine Vorsichtsmaßnahme, um nachher nicht irgendwann aus Befangenheitsgründen aus einem Verfahren hinausgekegelt zu werden. Aber nach Lage der Dinge sind die Hauptadressaten klar: Der Brief richtet sich gegen führende FPÖ-Politiker, die wegen politisch motivierten Datenmissbrauchs ins Visier der Ermittler geraten sind und seit Wochen auf diese losgehen. Er richtet sich auch gegen die ÖVP und deren Vorsitzenden, Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, die es bis dato an klaren Worten zum Schutz der Justiz haben fehlen lassen.

Eine erste Konsequenz aus der überraschend deutlichen Aktion hat Peter Westenthaler gezogen, der Fraktionsvorsitzende der FPÖ im Nationalrat. Er behauptete nun auf einmal, mit der Forderung nach Ablösung oder Rücktritt des Untersuchungsrichters sei er lediglich "falsch zitiert" worden. Ansonsten aber will Westenthaler nicht von seiner Zermürbungsstrategie gegenüber der Justiz abrücken. Die Justiz sei "nicht sakrosankt", Fehlentwicklungen müsse man aufzeigen: "Ich wüsste nicht, wo ich zurückschalten müsste." Westenthaler hatte vergangene Woche erklärt, der Untersuchungsrichter sei "mit fürchterlichen Fehlern behaftet", und: "Der Mann hat sie ja nicht alle."

Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bezeichnete zwar Westenthalers Verlangen nach Ablösung des Untersuchungsrichters als "absurd", schwieg sich jedoch über die FPÖ-Forderung nach Ablösung auch der ermittelnden Staatsanwälte aus. Im Magazin "format" antwortete Schüssel den Richtern und den Staatsanwälten, die sich politisch unter Druck gesetzt fühlten, mit dem österreichischen Dienstrecht: "Sie sind verbeamtet, haben nichts zu fürchten; sie sind unabsetzbar, absolut unkündbar. Ich glaube, das sind Garantien genug."

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