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Aleppo gleicht in weiten Teilen einer Geisterstadt.

© AFP/Abdalrhman Ismail

Protest gegen Syrien-Krieg in Berlin: "Wir dürfen nicht länger wegschauen"

Vor der russischen Botschaft in Berlin wollen heute Schriftsteller gegen die Angriffe auf Aleppo protestieren. Aus allen Fraktionen kommt Lob für die Aktion.

Es ist ein Warnruf in letzter Minute. Unter dem Motto „Schluss mit dem Massenmord in Aleppo“ haben Schriftsteller und Intellektuelle für diesen Mittwoch zu einer Kundgebung vor der russischen Botschaft gegen den Krieg in Syrien aufgerufen. Sie werfen Russlands Präsident Wladimir Putin vor, in Aleppo einen „Vernichtungskrieg“ gegen die Zivilbevölkerung zu führen.

Zugleich kritisieren die Initiatoren, dass die Welt dem Krieg in Syrien „entsetzt und tatenlos“ zuschaue. „Wo sind die Friedensfreunde aller Fraktionen, die sonst bei jeder Gelegenheit – wenn Amerika, Israel und die Nato involviert sind – zu Tausenden vor der US-Botschaft demonstrieren? Warum haben sie nie zu einer machtvollen Kundgebung gegen das Verbrechen der russischen Bombardements in Aleppo zusammengefunden?“, fragte der Schriftsteller Peter Schneider, einer der Unterzeichner des Aufrufes, in einem Beitrag für den Tagesspiegel. Politiker aller Fraktionen stellten sich am Dienstag hinter die Aktion. Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir will selbst an der Demonstration teilnehmen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder begrüßte die geplante Kundgebung: „Die massiven Verletzungen der Menschenrechte und des Völkerrechts im syrischen Bürgerkrieg müssen in der Öffentlichkeit noch viel stärker diskutiert werden“, sagte der CDU-Politiker dem Tagesspiegel. „Dazu gehört auch die Rolle der russischen Führung, die nach vielen Berichten für das unendliche Leid in Aleppo große Mitverantwortung trägt.“ Wenn nun gegen das russische Vorgehen demonstriert werde, sei dies „ein wichtiger Beitrag zu dieser dringend notwendigen Debatte“, betonte Kauder. Die Unionsfraktion hatte in der vergangenen Woche ein Positionspapier zu Russland verabschiedet, in dem Moskau eine „erhebliche Verantwortung“ für die Kriegsverbrechen des Assad-Regimes gegen die syrische Bevölkerung attestiert wird.

„Die Situation in Aleppo ist unerträglich“, sagte der SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann. Die Demonstration an diesem Mittwoch lobte er ebenfalls: „Es ist gut, wenn sich Menschen für ein Ende des Krieges engagieren.“ Das Dringlichste sei nun, dass „alle Beteiligten – auch Russland – den Weg für die humanitäre Versorgung der Zivilisten freimachen“, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende.

Özdemir: "Russland an Kriegsverbrechen in Syrien beteiligt"

Der Grünen-Chef Özdemir betonte, dass in Syrien nicht nur die Islamisten vom IS und der Al-Nusra-Front mordeten und schlimmste Menschenrechtsverletzungen begingen. „Dass Assad bis heute sein Massenmorden vor den Augen der Weltöffentlichkeit fortsetzen kann, hat er vor allem seinem Partner Wladimir Putin zu verdanken.“ Es sei unerträglich, wie Assad und Putin in Syrien das humanitäre Völkerrecht mit Füßen träten. „Wir müssen endlich offen darüber reden, dass Russland an den Kriegsverbrechen in Syrien beteiligt ist“, forderte der Grünen-Chef. Der Aufruf der Intellektuellen sei „ein wichtiges Signal aus der Bürgergesellschaft gegen die Kriegsverbrechen in Aleppo“, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck. „Der Kreml trägt zu diesem unerträglichen Leid maßgeblich bei“, betonte die Osteuropaexpertin. „Wir können und dürfen nicht länger wegschauen und müssen öffentlich dagegen eintreten.“

Linken-Politiker wirft Initiatoren Einseitigkeit vor

Der Linken-Bundestagsabgeordnete Wolfgang Gehrcke warf dagegen den Initiatoren des Aufrufes Einseitigkeit vor: „Warum hat es bisher von ihnen keine Demo gegen die Bombenabwürfe der USA und ihrer Verbündeten, gegen den völkerrechtswidrigen Einsatz deutscher Tornados in Syrien, gegen die Schlächterei Saudi-Arabiens und Katars und gegen den Einmarsch türkischer Truppen in Syrien gegeben?“ Der außenpolitische Sprecher der Linken-Fraktion fügte hinzu: „Blindheit auf mindestens einem Auge macht auch friedensunfähig.“ Zuvor hatten die Initiatoren in ihrem Aufruf auch die Linkspartei kritisiert. „Wo ist die Linke, die den Pazifismus wie eine Monstranz vor sich herträgt und jeden Kriegseinsatz der Nato scharf verurteilt?“

Allerdings kam von den Linken auch Lob für die Demonstration vor der russischen Botschaft: Er habe sich über den Aufruf sehr gefreut, sagte der Berliner Bundestagsabgeordnete Stefan Liebich. „Es ist gut, dass die Initiatoren für eine Beendigung des Kriegs in Syrien eintreten“, betonte der Linken-Obmann im Auswärtigen Ausschuss. „Es muss endlich eine politische Lösung gefunden werden, und da ist auch Moskau gefragt.“

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