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Der Chef der französischen Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez.

© AFP

Proteste gegen Arbeitsmarktreform in Frankreich: "Hollande wird das Gesetz nicht zurückziehen"

In Paris demonstrieren die Gewerkschaften gegen die Arbeitsmarktreform. Im Interview erklärt Raymond Soubie, Ex-Berater von Nicolas Sarkozy, wie der Konflikt am Ende gelöst werden könnte.

Sieben Gewerkschaften rufen an diesem Dienstag zur Demonstration gegen die Arbeitsmarktreform in Paris auf. Was ist dabei zu erwarten?

Diese Demonstration wird wichtig sein, aber weniger Zulauf haben als andere entscheidende Kundgebungen in der Geschichte der sozialen Bewegungen in Frankreich – etwa in den Jahren 2006 oder 2010. Außerdem wurde das Datum für die Kundgebung schon vor einigen Wochen festgelegt. So wird diese Demonstration wie der krönende Abschluss der Bewegung gegen die Arbeitsmarktreform wirken.

Haben die Proteste gegen die Arbeitsmarktreform ihren Höhepunkt schon überschritten?

Ja. Die Proteste richteten sich gegen zwei unterschiedliche Dinge: Zum einen geht es um die Reform der Arbeitsministerin Myriam El Khomri. Zum anderen haben die Beschäftigten von Unternehmen wie der Staatsbahn SNCF oder Air France spezielle Forderungen. Die Forderungen der zweiten Gruppe wurden weitgehend erfüllt. Die Streiks sind deshalb abgeflaut, auch auch die Anti-Arbeitsmarktreform-Bewegung hat zuletzt nicht übermäßig viele Menschen auf die Straße gebracht. Deshalb wird die Auseinandersetzung um das Gesetz wahrscheinlich so ausgehen, dass die Demonstrationen nach und nach zum Ende kommen und die Arbeitsmarktreform vor der endgültigen Abstimmung in der Nationalversammlung im Juli noch einmal abgeändert wird.

Die Kernpunkte des Gesetzes bestehen in einer Lockerung des Kündigungsschutzes und betrieblichen Festlegungen über die Arbeitszeit. Wird sich daran noch etwas ändern?

Beim Kündigungsschutz ist das Gesetz bereits abgeschwächt worden. Zur Frage der betrieblichen Verhandlungen gibt es zahlreiche Änderungsanträge bei den regierenden Sozialisten. Sie zielen darauf ab, betriebliche Verhandlungen zugunsten von Branchenvereinbarungen zu beschneiden. Das Gesetz wird sich also noch weiterentwickeln, und die Regierung wird nichts dagegen unternehmen können, weil die Änderungsanträge aus der eigenen Mehrheit kommen. Eine solche Lösung wird auch den großen Gewerkschaften CGT und FO sowie den anderen Gewerkschaften, die ihnen folgen, einen Ausweg aus der Konfrontation bieten.

Also wird Präsident François Hollande den Gewerkschaften nachgeben?

Er wird nicht nachgeben, weil er das Gesetz als Ganzes nicht zurückziehen wird. Aber andererseits wird das Gesetz, über das am Ende abgestimmt wird, sich sehr von der ursprünglich eingebrachten Vorlage unterscheiden.

Am kommenden Freitag wollen sich Arbeitsministerin El Khomri und der Chef der Gewerkschaft CGT, Philippe Martinez, treffen. Was erwarten Sie von der Begegnung?

Das Treffen ist bemerkenswert, weil es sich um die erste Begegnung zwischen den beiden handelt. Martinez hat sich bei den Demonstrationen einen Namen gemacht. Er hat kein Interesse daran, dass die Kundgebungen einfach im Sande verlaufen. Vielmehr will er am Ende verkünden können, dass die Änderungen am Gesetzestext durch seine Initiative eingearbeitet wurden und damit die Demonstrationen beendet werden können.

Raymond Soubie beriet dem früheren Präsidenten Nicolas Sarkozy und ist Experte für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.

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