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Demonstranten beim Sturm auf den Sitz der Regionalregierung in Hongkong

© Tyrone Siu / REUTERS

Proteste in Hongkong: China wird bald reagieren – notfalls auch mit Gewalt

Peking wird die Eskalation in Hongkong nutzen, um mit harter Hand vorzugehen. Denn der allumfassende Herrschaftsanspruch ist herausgefordert. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Fabian Löhe

Für die Demonstranten in Hongkong zeichnet sich eine bitterere Niederlage ab: Ihr Protest am Jahrestag der Rückgabe der früheren britischen Kronkolonie ist in Ausschreitungen umgeschlagen. Aus Ärger über das geplante Auslieferungsgesetz, wonach Kritikern eine Haft im Festland-China drohen kann, stürmten die Demonstranten den Sitz der Regionalregierung. Der symbolische erste Stein ist geworfen, die erste reale Fensterscheibe geborsten.

Chinas Kalkül geht damit auf. Dem weitgehend friedlichen Protest von bis zu zwei Millionen Menschen – so vielen wie nie zuvor – hatte sie kaum etwas entgegenzusetzen. Nun aber kann Peking die Eskalation nutzen, um mit harter Hand vorzugehen. Der Widerstand in der Sonderverwaltungszone ist der Führung schon lange ein Dorn im Auge.

2003 musste sie das Vorhaben zurückstellen, Kritik der Bevölkerung in Hongkong per Gesetz zu verbieten. Damals waren 500.000 Menschen auf die Straße gegangen. 2014 besetzten dann Demonstranten der sogenannten Regenschirmbewegung für 79 Tage die Innenstadt, um transparentere Wahlen zu fordern.

Wenn jetzt das chinesische Außenministerium verlauten lässt, es verbitte sich in der Causa eine Einmischung von außen, kann man das nur puren Zynismus nennen: Die Volkrepublik ist bislang die einzige Regierung, die sich in Hong Kong erkennbar eingeschaltet hat. Denn für Festland-China war von je her klar, dass die Losung „Ein Land, zwei Systeme“ eben nur als Beschreibung eines Übergangsstatus zu verstehen sei. Das politische Bestreben war und ist es, das freiheitlichere System dem eigenen gleichzuschalten.

Deshalb stellt der anhaltende Protest in Hongkong eine so grundlegende Bedrohung dar. Er fordert den allumfassenden Herrschaftsanspruch der Partei heraus. Auf dem Spiel steht für die chinesische Führung nicht nur der Gesichtsverlust im Inland, sondern auch im Ausland. Aus dieser Logik heraus ist sie geradezu gezwungen, ihre politische Einflussnahme auszuweiten. Die brutale Niederschlagung eines Protests unter den Augen der Weltöffentlichkeit wie 1989 dürfte nicht das erklärte Ziel der Führung. Doch der eigene Unfehlbarkeitsanspruch wiegt schwerer. Peking wird bereit sein, ihn zu sichern. Um jeden Preis.

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