zum Hauptinhalt
Ein Uigure vor einem Wagen mit Polizeikräften

© Reuters/Stringer

Provinz Xinjiang: China nennt Umerziehungslager für Uiguren "Berufsbildungszentren"

Die Uiguren in Chinas Westen sind Repressalien ausgesetzt. Nun legalisiert Chinas Regierung die Umerziehungslager in Xinjiang.

Vor gut zwei Monaten leugnete China noch die Existenz von Umerziehungslagern für eine Million Uiguren in der Provinz Xinjiang. „So etwas wie Umerziehungslager gibt es nicht“, sagte der Diplomat Hu Lianhe in Genf vor dem UN-Komitee zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung. Dessen Vorsitzende hatte sich zuvor tief besorgt über die Lage in der westchinesischen Provinz gezeigt. In dieser Woche jedoch hat die Provinzregierung der Autonomen Region Xinjiang die Existenz der Lager bestätigt – indem sie diese per Gesetz legalisierte. Die Lager heißen allerdings nun „Berufsbildungszentren“.

Seit Dienstag ist es in Xinjiang Volksregierungen auf Kreisebene oder höher erlaubt, „Berufsbildungszentren und andere Bildungs- und Transformationsinstitutionen einzurichten, um von Extremismus beeinflusste Personen auszubilden oder umzubilden“. Dazu muss erwähnt werden, dass sich in China des religiösen Extremismus verdächtig macht, wer einen langen Bart trägt, halal isst, einen Gebetsteppich oder den Koran besitzt.

Die Uiguren sind ein Turkvolk, zehn Millionen leben in Xinjiang, einer Provinz mit 22 Millionen Einwohnern. Sie sprechen Uigurisch und sind muslimischen Glaubens. Sie werden inzwischen in China wie Bürger zweiter Klasse behandelt, dürfen nicht frei reisen, ihre Telefone werden häufiger von der Polizei kontrolliert. Oftmals werden digitale Sicherheitsmaßnahmen auf sie angewendet. Sie müssen DNA-Proben und Iris-Scans zustimmen. Um Benzin zu bekommen, müssen sie sich einem Gesichtsscan unterziehen, und die Autos der Uiguren in der Region sind mit GPS ausgestattet, damit die Behörden sie jederzeit orten können.

In den Lagern muss ein Loblied auf China gesungen werden

Das alles sind Maßnahmen, die der neue Parteichef Chen Quanguo seit seinem Amtseintritt in Xinjiang 2016 eingeführt hat. Er gilt als einer, der hart durchgreift. Chen hat über 84.000 Stellen für Sicherheitskräfte ausgeschrieben, was 50 Prozent mehr ist, als seine Vorgänger in den zehn Jahren zuvor an Sicherheitskräften eingestellt haben. Die Zahl der kriminellen Festnahmen in Xinjiang stieg 2017 unter Chen um 21 Prozent.

Dass die Uiguren Repressalien in China ausgesetzt sind, geht teils auf die blutigen Zusammenstöße im Jahr 2009 zurück, die in der Hauptstadt Urumqi 200 Tote forderten, als es zwischen chinesischen Sicherheitskräften und Uiguren zu Auseinandersetzungen kam. Auch zwischen den Jahren 2014 und 2016 kam es immer wieder zu Unruhen, als Uiguren im Land auf ihre Lage aufmerksam machen wollten und sich gegen die Kontrollgewalt Pekings wehrten. Doch schon seit den Terroranschlägen vom 11. September in New York versucht China, die Verschärfung der Maßnahmen gegen die Uiguren als Kampf gegen den Terrorismus darzustellen. Die, die aus den Lagern freikamen, berichten, dass sie dort Chinesisch lernen und Loblieder auf China, seine Geschichte und chinesische Führer singen mussten.

Inzwischen müssen sich auch im Ausland aufhaltende Uiguren einmal im Monat melden und bekommen über soziale Medien-Apps Nachrichten, in denen sie aufgefordert werden, ihre Tätigkeiten und Aufenthaltsorte im Ausland anzugeben.

Mit der jetzigen Legalisierung der Lager läuft gleichzeitig eine Kampagne gegen Lebensmittel und Produkte an, die von Muslimen als „halal“ bezeichnet werden. Als nicht „halal“, also verboten, gelten beispielsweise Schweinefleisch oder nicht auf die bestimmte vorgeschriebene Weise geschlachtete Tiere. Inzwischen forderte die Staatsanwaltschaft von Urumqi, dass entschlossen gegen die „Pan-Halalisierung“ vorgegangen werden müsse. Muslimische Parteimitglieder sollen nicht mehr halal essen.

Der Chefredakteur der staatlich kontrollierten „Global Times“ verteidigte auf Twitter die Existenz der Lager in Xinjiang. „Die turbulente Situation dort wurde unter Kontrolle gebracht, viele Leben gerettet und Frieden/Stabilität wiederhergestellt“, schreibt Hu Xijin, „dies ist das größte aller Menschenrechte.“

Ma Wen

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false