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Prozess: Chinesischer Bürgerrechtler Liu Xiaobo angeklagt

Ein halbes Jahr nach seiner Festnahme muss der prominente Schriftsteller und Philosoph mit einer Haftstrafe rechnen.

Die chinesischen Behörden werfen dem 53-Jährigen vor, mit dem Verbreiten von Gerüchten die Regierung diffamiert und einen Umsturz vorbereitet zu haben, wie die staatliche Nachrichtenagentur Xinhua unter Berufung auf die Polizei berichtet.

Liu Xiaobo gehört zu den führenden Köpfen der Bürgerrechtsbewegung in China. Er war im Dezember verhaftet worden, weil er zu den Erstunterzeichnern der sogenannten "Charta 08" gehörte. In dem Papier, das der "Charta 77" aus der früheren Tschechoslowakei nachempfunden ist, hatten mehr als 300 Intellektuelle dargelegt, wie sie sich den Reformprozess in China hin zu einer liberalen Demokratie vorstellen. Zudem beklagten sie einen Mangel an Freiheit, Gleichheit und Menschenrechten.

Die chinesische Regierung versucht, die Verbreitung der "Charta 08" mit Internetblockaden zu verhindern. Außerdem dürfen die Medien nicht darüber berichten. Allerdings sollen bereits kurz nach der Veröffentlichung Ende vergangenen Jahres mehr als 5000 Chinesen das Papier unterzeichnet haben.

Nach der Festnahme Lius hatten 150 Intellektuelle aus aller Welt, darunter die Schriftsteller Umberto Eco und Salman Rushdie, den Bürgerrechtler unterstützt und seine Freilassung gefordert. Neben Liu sind mindestens 30 weitere Erstunterzeichner der "Charta 08" verhaftet oder verhört worden.

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Right Watch sieht in der Festnahme des Schriftstellers den bedeutendsten Fall der Repression chinesischer Dissidenten seit zehn Jahren. Sie vermutet, dass die chinesische Regierung mit der Verhaftung anderen Bürgerrechtlern ein härteres Vorgehen signalisieren wolle.

Liu wird laut Informationen der chinesischen Menschenrechtsorganisation China Human Rights Defenders an einem geheimen Ort unter Hausarrest festgehalten. Sein Anwalt dürfe ihn nicht mehr vertreten, da er selbst die "Charta 08" unterzeichnet habe.

Die chinesische Führung behandelt laut eigener Aussage alle Fälle, welche die Menschenrechte betreffen, "im Einklang" mit dem Gesetz. Alle internationalen Appelle betrachtet sie als "Einmischung".

ZEIT ONLINE, rf, dpa

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