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Ex-Bundespräsident Christian Wulff auf dem Weg in den Gerichtssaal.

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Prozess gegen Ex-Bundespräsidenten: Richter verteidigen Wulff-Ankläger

Überzogen, Effekthascherei - die Ankläger des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff mussten viel Kritik für ihre Vorgehensweise einstecken. Jetzt bekommen sie Rückendeckung vom Deutschen Richterbund.

Richter haben die Ankläger des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff gegen Vorwürfe in Schutz genommen.  Monatelange Ermittlungen, jeder Stein wird umgedreht, kein noch so privates Detail ausgelassen, eine Anklage zum Landgericht erhoben – und das alles wegen gerade mal 750 Euro Vorteil. "Das scheint in der Tat überzogen", schreibt Andrea Titz, stellvertretende Vorsitzende des Deutschen Richterbundes und Richterin am Oberlandesgericht München in einem Beitrag für den "Tagesspiegel am Sonntag". 

"Doch wer so argumentiert, lässt einen der tragenden Grundsätze unseres Strafverfahrensrechts außer Acht: das Legalitätsprinzip. Im Kern verpflichtet es die Staatsanwaltschaft zur Durchführung von Ermittlungen, sobald sie Kenntnis vom Verdacht einer Straftat erlangt. Anders ausgedrückt: Die Staatsanwaltschaft kann sich nicht aussuchen, gegen wen sie in welchem Umfang ermittelt", schreibt Titz. 

"Gerade weil die Ermittlungsbehörden verpflichtet sind, ohne Ansehen der Person umfassend und objektiv zu ermitteln, kann man der deutschen Justiz nicht vorwerfen, auf einem Auge blind zu sein. Es gibt keinen Prominentenbonus, das haben zahlreiche medienträchtige Ermittlungs- und Strafverfahren in den letzten Jahren gezeigt."

Staatsanwaltschaft "wütet" nicht, sondern erfüllt gesetzlichen Auftrag

Ebenso wenig könne man der Staatsanwaltschaft vorhalten, im Einzelfall durch besonders intensive Ermittlungen an einem besonders bekannten Beschuldigten ein Exempel statuieren zu wollen. "Es liegt in der Natur der Sache, dass zu Beginn eines Ermittlungsverfahrens noch nicht absehbar ist, ob sich der anfängliche Verdacht erhärtet. In vielen Verfahren stellt sich im Laufe der Ermittlungen heraus, dass an der Beschuldigung nichts dran ist - oder jedenfalls weniger, als ursprünglich angenommen. Dies aufzuklären, ist auch Aufgabe der Staatsanwaltschaft; in ihren Aufklärungsbemühungen „wüten“ sie nicht „ungebremst“, sondern erfüllen schlicht ihren gesetzlichen Auftrag", schreibt Titz.

Ob all das den Steuerzahler zu viel Geld koste? Nein, sagt Titz, "ganz sicher nicht!" Diese Verfahrensweise "ist die konsequente Anwendung des Legalitätsprinzips, nicht mehr und nicht weniger. Die Kosten hierfür sind gut angelegt – sie sind der Preis, den der Rechtsstaat für eine effektive Strafverfolgung zu zahlen hat."

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