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Christian Wulff und Olaf Glaeseker, als sie noch miteinander redeten.

© dpa

Prozess gegen Wulff-Vertrauten: Niedersächsische Freundschaften

Am Montag beginnt der Prozess gegen Olaf Glaeseker, den einstigen Sprecher von Christian Wulff. Auch ein Eventmanager ist angeklagt. Es geht um Bestechung und Bestechlichkeit.

Herbst 2009 im Landtagsrestaurant: Niedersachsens damaliger Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) sitzt mit Journalisten zusammen und plaudert über das VW-Gesetz, sein Verhältnis zur Bundeskanzlerin und neue Gesamtschulen. Zum Ende des Gesprächs verabschiedet sich der Regierungschef mit den Worten: „Dann sehen wir uns ja bald beim Nord-Süd-Dialog.“ Wohl kaum, erwidern die Medienleute, man habe keine Einladung. „Olaf, kümmere dich mal darum“, weist Wulff seinen Regierungssprecher Olaf Glaeseker an. Ein paar Tage später trudeln die Tickets ein.

Wegen dieses Nord-Süd-Dialogs, der inzwischen berüchtigten Promi-Sause auf dem Flughafen Hannover, sitzen Glaeseker und der Eventmanager Manfred Schmidt von Montag an auf der Anklagebank im Landgericht Hannover, wo sich derzeit auch Wulff wegen Korruption rund um einen Oktoberfestbesuch zu verantworten hat. Weil Glaeseker als Staatssekretär für Schmidts Privatfirma mehrere hunderttausend Euro Sponsorengelder eingeworben und sich im Gegenzug zu Gratisflügen und Urlauben in Schmidts Domizilen in Spanien und Südfrankreich einladen lassen haben soll, wirft die Staatsanwaltschaft ihm Bestechlichkeit, dem Partyveranstalter Bestechung vor.

Wulff, der sich im Dezember 2009 in einer Abflughalle des Airports mit seinem baden-württembergischen Amtskollegen Günther Oettinger, Wirtschaftsbossen und den Schauspielerinnen Faye Dunaway und Veronica Ferres ablichten und als weltgewandter Landesvater feiern ließ, will von alledem nichts mitbekommen haben. Nichts von der engen Freundschaft zwischen seinem Vertrauten und Schmidt, nichts von dessen gemeinsamen Ferien, nichts von Glaesekers Bemühen um Geldgeber für den von Schmidt organisierten Nord-Süd-Dialog.

So jedenfalls hat es Wulff, der sich und seinen Sprecher einst als „siamesische Zwillinge“ bezeichnete, in seiner Polizeivernehmung bekundet. Die langjährige Freundschaft mit Glaeseker, der etwa die Scheidung seines Chefs von dessen erster Ehefrau Christiane und die „gesellschaftliche Einführung“ der neuen Partnerin Bettina Körner medial perfekt managte, zerbrach darüber endgültig. Heute reden die beiden kein Wort mehr miteinander.

Die Version des früheren Staatsoberhaupts, die zumindest im Umfeld der beiden niemand so recht abnehmen mag, spielt in dem bislang auf 20 Verhandlungstage angesetzten Prozess vor der 3. Großen Strafkammer eine gewichtige Rolle. Wären Glaesekers Gratisurlaube keinem Verantwortlichen in der Staatskanzlei bekannt gewesen, spräche dies nach Ansicht der Staatsanwälte für eine Korruptionsdelikten typischerweise innewohnende Heimlichkeit. Verteidiger Guido Frings aus Berlin will dagegen mit Zeugen und diversen SMS-Botschaften belegen, dass Wulff stets im Bilde war und sich selbst sogar aktiv in die Sponsorensuche eingeschaltet hat. Und dass sein Mandant ausschließlich im Interesse des Landes und zum Wohle seines Chefs gehandelt hat.

Dann könnte es auch für Wulff noch brenzlig werden. Zwar haben sich die Staatsanwälte bei ihren Ermittlungen gegen Wulff nicht an den Komplex Nord-Süd-Dialog und den relativ unbekannten Paragrafen 357 Strafgesetzbuch herangetraut, wonach ein Vorgesetzter, der „eine rechtswidrige Tat seiner Untergebenen geschehen lässt“, genauso zu bestrafen ist. Aber Wulff soll in dem Glaeseker-Verfahren im Februar 2014 als Zeuge aussagen. Setzt er dabei seine Glaubwürdigkeit aufs Spiel, könnte dies auch Folgen für seinen eigenen Prozess wegen Vorteilsannahme haben – wenn dieser dann noch laufen sollte.

Als Zeugin geladen ist auch TV-Moderatorin Sabine Christiansen; sie soll Angaben über die langjährige, bis heute währende Freundschaft zwischen den beiden Angeklagten machen. Der frühere Journalist Glaeseker hatte Wulff schon in dessen niedersächsischen Oppositionszeiten als Pressesprecher begleitet. 2003 folgte er ihm in die Staatskanzlei, 2010 ins Bundespräsidialamt. Im Zuge von Wulffs Affären wurde er kurz vor Weihnachten 2011 gefeuert und zehrt seitdem ohne Job von seinen Ruhestandsbezügen. Inzwischen pflegt Glaeseker aber wieder seine Netzwerke, zuletzt auf dem Filmpromi-Schaulaufen „movie meets media“ am vergangenen Montag im Atlantic Hotel Hamburg. Schmidts Veranstaltungsagentur liegt nach Angaben seines Umfelds seit Beginn der Ermittlungen brach; er soll 2012 und 2013 daraus keine Einnahmen mehr erzielt haben.

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