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Die orangefarbenen Overalls sind das Erkennungszeichen: das Lager in Guantanamo. Der türkische Präsident hat daran offenbar Gefallen gefunden.

© AFP

Prozesse in der Türkei: Justiz im Guantanamo-Style

Mutmaßliche Putschisten sollen in der Türkei künftig in Overalls vor Gericht erscheinen. Wie in Guantanamo. Der Vergleich stammt von Erdogan. Ein Kommentar

Ein Kommentar von Gerd Appenzeller

Türkische Gerichte haben seit Oktober vier Deutsche aus der Haft entlassen oder die ihnen auferlegte Ausreisesperre aufgehoben. Von Entspannung im deutsch-türkischen Verhältnis kann dennoch keine Rede sein. Immer noch ist Deniz Yücel, Korrespondent der Zeitung „Welt“, ohne Anklage in Haft. Seit 318 Tagen wird er unter dem Vorwurf der Volksverhetzung und der Terrorpropaganda festgehalten, eine Anklageschrift entweder dazu oder zu irgendeinem anderen relevanten Vorwurf gibt es nicht. Auch andere Indizien deuten darauf hin, dass die Türkei politisch missliebige Menschen durch psychischen Druck brechen will. Nach rechtsstaatlichen Kriterien nicht zu rechtfertigen ist die neue Anweisung, männliche Terror- oder Putschverdächtige künftig in braunen oder grauen Overalls dem Gericht vorzuführen. Erdogan selbst verglich das mit den Zuständen im US-Gefangenenlager Guantanamo Bay. Dabei ist bekannt, dass der damalige amerikanische Präsident George W. Bush nach 9/11 des Terrors Verdächtige deshalb auf dem Stützpunkt auf Kuba inhaftieren ließ, um sie außerhalb der US-Rechtsordnung festhalten zu können. Was will uns der türkische Präsident also sagen, wenn er selbst den Umgang mit Gefangenen in der Türkei mit den Zuständen in einem solchen Lager vergleicht? Dass im Umgang mit Putschverdächtigen die Regeln eines Rechtsstaates außer Kraft gesetzt werden dürfen?

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