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Politik: Pünktlich zur Urlaubssaison

Kommt neue Gewaltwelle auf Türkei zu? Behörden vermuten PKK hinter Anschlag, Kurden dementieren

Schmales Gesicht, große Brille, gedankenverlorener Blick: So stellt man sich einen schüchternen Computerfreak vor, aber keinen kaltblütigen Terroristen. Und doch soll Güven Akkus, dessen Bild am Mittwoch von den türkischen Behörden an die Medien verteilt wurde, für das Blutbad von Ankara verantwortlich gewesen sein, bei dem am Vorabend sechs Menschen und er selbst starben und 90 zum Teil schwer verletzt wurden. Mit dem Anschlag beginne möglicherweise eine neue Gewaltwelle der kurdischen Extremistengruppe PKK in der Türkei, warnte Armeechef Yasar Büyükanit. „Wir werden das vielleicht auch in anderen Großstädten erleben“, sagte er. Die Sicherheitsbehörden im ganzen Land wurden in Alarmbereitschaft versetzt – die PKK bedroht auch die türkischen Urlaubsgebiete.

Akkus’ Körper wurde bei der Explosion im Ankaraner Stadtteil Ulus so zerfetzt, dass er nur mit Fingerabdrücken und einer DNA-Analyse identifiziert werden konnte, wie Gouverneur Kemal Önal mitteilte. Der 28-jährige, aus dem osttürkischen Sivas stammende Akkus wurde demnach in den vergangenen Jahren zweimal verhaftet. Welche Verbindung er zur PKK hatte, stand am Mittwoch noch nicht fest. Der bei dem Anschlag verwendete Sprengstoff war nach den Worten des Gouverneurs aber genau jener Typ, der von der PKK verwendet wird. Auch die Art, wie die Bombe gezündet worden sei, deute auf die PKK. Die Kurdenrebellen selbst erklärten, sie hätten den Sprengsatz nicht gezündet, und warfen der türkischen Armee vor, die Gewalttat verübt zu haben, um einen Einmarsch in den Nordirak rechtfertigen zu können. Allerdings hatte die PKK mit Anschlägen in türkischen Großstädten gedroht. Die Kurdenrebellen wollen eine Generalamnestie für alle ihre Kämpfer erzwingen.

Erst vor zwei Wochen soll der Armee-Geheimdienst eine Warnung an die Regierung geschickt haben, wonach die PKK ab dem 18. Mai aktiv werden will – die Bombe in Ankara ging vier Tage später hoch. Nach einem Anschlag in einem PKK-Flüchtlingslager im Nordirak habe es sogar eine konkrete Drohung mit einem Anschlag in Ankara gegeben, berichtete eine Zeitung. Der Terror-Experte Ercan Citlioglu sagte, die PKK habe für die Anschläge in den Metropolen eigens Mitglieder mit „urbanem Aussehen“ ausgewählt; einige dieser Anschlagskandidaten sollen Kurden aus Deutschland sein.

Die Splittergruppe Freiheitsfalken Kurdistans (TAK) hatte ebenfalls im März mit Anschlägen gedroht und dabei auch ausdrücklich die Urlaubsgebiete der Türkei genannt. Die TAK hat seit 2004 mehrere tödliche Anschläge in westtürkischen Feriengebieten verübt und will damit die türkische Fremdenverkehrsbranche treffen, eine der wichtigsten Devisenquellen des Landes. Offenbar ist die PKK-Offensive bereits in vollem Gange. Die Toten von Ankara waren noch nicht begraben, als die türkische Polizei am Mittwoch aus der Mittelmeerstadt Adana die Festnahme eines Paares meldete, das fünf Kilogramm Plastiksprengstoff bei sich gehabt habe.

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