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Politik: Pulverfass Gazastreifen

Israel fürchtet, die Region könnte Aufmarschgebiet für Islamisten werden

Im Gazastreifen drohen nach dem Ende der höchsten muslimischen Feiertage zum Ende des Fastenmonats Ramadan, Id al Fitr, Kämpfe gleich an mehreren Fronten. Der Gazastreifen könnte gar zu einem neuen Südlibanon werden: einem Aufmarschgebiet vor allem schwerbewaffneter islamistischer Extremisten für ihre Angriffe auf Israel. Das stellten sowohl der Chef des israelischen Schin-Bet-Geheimdienstes Juval Diskin als auch Anführer verschiedener radikaler palästinensischer Gruppierungen fest. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verwies zudem noch auf die akute Gefahr innerpalästinensischer Konfrontationen. Am Donnerstag wurden im Gazastreifen unterdessen zwei Palästinenser von israelischen Soldaten getötet. Einer von ihnen war ein Jugendlicher, der nach palästinensischen Angaben auf der Vogeljagd war.

Außerdem drohen verschiedene israelische Offizielle jetzt, unmittelbar nach Abschluss einer umfangreichen, sechstägigen Aktion entlang der ägyptisch-palästinensischen Grenze, mit weiteren Vorstößen und Präventivschlägen. Allerdings hat der israelische Verteidigungsminister Amir Peretz klargestellt, sein Land habe nicht die Absicht, den im August 2005 geräumten Gazastreifen wieder zu erobern. Aber es werde verhindern, dass der Gazastreifen in einen Südlibanon verwandelt werde und „die Terrororganisationen stärker werden“, sagte der Minister. Mit künftig möglichen Militäroperationen will Israel den Waffenschmuggel entlang dem Philadelphi-Grenzkorridor aus Ägypten in den südlichen Gazastreifen verhindern und den Raketenbeschuss aus dem nördlichen Gazastreifen auf nahe gelegene israelische Ortschaften stoppen. Generalstabschef Dan Halutz befürwortet fürs Erste eine erneute „militärische Präsenz“ auf dem Philadelphi-Korridor, unter dem 15 Tunnel entdeckt und zerstört wurden. Halutz sprach von einer „unterirdischen Stadt, die wir unter dem Gazastreifen entdeckt haben“.

Gemäß einem Bericht der von der Fatah beherrschten „Allgemeinen Sicherheitsdienste“ haben Aktivisten der regierenden Hamas und zugehöriger Gruppierungen bis zu 1300 Tonnen Waffen, Sprengstoff und Munition in den Gazastreifen geschmuggelt. Mit geschmuggelten Raketen größerer Reichweite, so die israelischen Befürchtungen, geraten auch die beiden großen israelischen Städte Aschkelon und Aschdod am Mittelmeer und eventuell auch die Negevwüsten-Metropole Beer Scheva in deren Angriffsbereich.

Für die Zeit unmittelbar nach dem dreitägigen Id-al-Fitr-Fest, das Mittwochnacht zu Ende ging, planen die diversen extremistischen Organisationen „Schläge von Gaza aus mittels Raketen, Selbstmordkommandos und Tunneln“. Unzählige besonders militante Kämpfer und Terroristen, die im Libanon an den Kämpfen der Hisbollah gegen Israel teilgenommen haben und in syrischen Ausbildungslagern geschult worden sein sollen, haben in den letzten Wochen aus Ägypten den Gazastreifen infiltriert. Mit ihnen an der Spitze soll Israel in kriegsähnliche Kämpfe wie vor kurzem im Südlibanon durch die Hisbollah verwickelt werden.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas rechnet allerdings wohl noch eher mit der Möglichkeit, dass Hamas nach dem zu erwartenden endgültigen Scheitern der Verhandlungen über die Bildung einer gemeinsamen Regierung mit der Fatah die Macht im Gazastreifen mit Gewalt an sich zu reißen versucht. Tausende Fatah-loyale Angehörige der Sicherheitskräfte wurden deshalb von ihm in den Gazastreifen beordert, beziehungsweise dort aufgefordert, sich trotz seit Monaten ausgebliebener Löhne für den Fall der Fälle bereitzuhalten.

Die Spannung im Gazastreifen steigt praktisch stündlich. Ob flächenbrandartige Kämpfe an einer oder gar mehreren Fronten ausbrechen werden, ist keine Frage mehr, weder für die palästinensischen noch die israelischen Experten. Vielmehr rätseln sie nur noch über deren exakten, aber sicherlich nahen Zeitpunkt. Ob am ersten Freitag nach Id al Fitr, dem jüdischen Sabbat oder „erst“ zu Beginn der nächsten Woche.

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