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Politik: Putin hält Hof

Moskau - Über „viehische Kopfschmerzen“ beklagte sich Donnerstag früh mit schwerer Zunge ein Anrufer beim Morgentalk von Radio Echo Moskwy. Er wollte wissen, ob das mit hohem Luftdruck oder Magnetstürmen zusammenhänge.

Moskau - Über „viehische Kopfschmerzen“ beklagte sich Donnerstag früh mit schwerer Zunge ein Anrufer beim Morgentalk von Radio Echo Moskwy. Er wollte wissen, ob das mit hohem Luftdruck oder Magnetstürmen zusammenhänge. Vom Wetterdienst, so die Antwort, lägen keine Warnungen vor, der Anrufer solle sich aber sicherheitshalber bei Putin erkundigen. „Da wird Sie dann vielleicht auch ganz konkret geholfen“, parodierte der Moderator Wladimir Putins gelegentliche Abirrungen von den Normen, die Nationaldichter Puschkin der russischen Sprache verpasste.

Eine Telefonnummer gab es vom Sender als Sahnehäubchen dazu: Die einer kostenfreien Hotline für Fragen zur alljährlichen Bürgersprechstunde Putins, der seit Mai als Regierungschef amtiert. Noch bevor diese am Donnerstagmittag begann, waren dort bereits über 1,2 Millionen Anrufe und knapp 550 000 SMS eingegangen.

Der ultimative Kick indes waren, wie schon in den Vorjahren, Liveschaltungen mit diversen Regionen. Die insgesamt zwölf Orte in den Regionen – darunter die Marinebasis Sewerodwinsk an der Barentssee und Chabarowsk an der Grenze zu China – hatte Putin hiesigen Medien zufolge selbst ausgewählt, die Frager waren offenbar Moskaus Satrapen vor Ort.

Derartige Vermutungen hatte der Kreml bisher zwar stets entschieden zurückgewiesen. Diesmal dürfte es aber schwierig werden: „Bleiben Sie doch im Himmels willen sitzen“, versuchte ein mit Mikrofon durch die Reihen gehender Assistent zu retten, was noch zu retten war. Denn der „Bürger in Uniform“ war bereits aufgesprungen und in Ehrfurcht erstarrt, noch bevor der Moderator ihn als Fragesteller ankündigen konnte.

Putin hatte bereits vor Beginn der Fragestunde erklärt, er wolle vor allem auf die Sorgen und Nöte eingehen, mit denen sich die Russen durch die weltweite Finanzkrise konfrontiert sehen. Der Staat wolle und müsse schnell und unbürokratisch handeln. Neue Hilfspakete seien bereits im Gespräch. Noch immer fest davon überzeugt, dass der Staat böse, ungerecht und habgierig ist, der Zar aber gut, gerecht und milde, suchen die Russen nach wie vor ihr Recht auf eigene Faust – oder direkt an der Spitze der Machtpyramide. Elke Windisch

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