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Politik: Putin nimmt sich mehr Macht in Russland

Gouverneure werden künftig vom Kreml ernannt und Abgeordnete nicht mehr direkt gewählt

Moskau/Berlin - Mit einschneidenden Änderungen des politischen Systems in Russland will Präsident Wladimir Putin dem Kreml noch mehr Macht geben. Putin begründete diesen Schritt am Montag mit dem Kampf gegen den Terrorismus. Die Einschränkungen betreffen die russischen Regionen und Teilrepubliken und das nationale Wahlrecht. Oppositionelle sprachen von einem Verfassungsbruch.

Die Regionen verlieren in dem von Putin vorgestellten Modell deutlich an Macht: Gouverneure und Präsidenten sollen künftig von Putin direkt ernannt werden. Die Regionalparlamente sollen den Vorschlag nur noch bestätigen. Bisher werden die lokalen Machthaber direkt gewählt. Bereits vor vier Jahren hatte Putin die Kompetenzen der Gouverneure deutlich eingeschränkt.

Auch das landesweite Wahlsystem steht vor tief greifenden Veränderungen: Putin kündigte an, dass bei den Dumawahlen künftig nur noch das Verhältniswahlrecht gelten soll. Bisher kommt die Hälfte der Abgeordneten über Parteilisten ins Parlament, die andere Hälfte wird direkt gewählt. Gerade über die Direktmandate konnten bisher unabhängige Kandidaten in die Duma einziehen. Mit der von Putin angekündigten Gesetzesänderung würden auch die letzten unabhängigen Abgeordneten aus dem ohnehin schon von kremlnahen Politikern beherrschten Parlament verschwinden.

Die „Einheitlichkeit der Machtvertikale“ sei unabdingbar für einen effektiven Kampf gegen den Terror, sagte Putin zur Begründung. Zugleich kündigte er die Gründung einer nationalen Kommission für den Nordkaukasus an. Vorsitzender wird sein Vertrauter Dmitrij Kosak. Die Opposition kritisierte Putins Pläne scharf. „Die Macht des Kremls wird gestärkt, aber das Land wird geschwächt“, sagte der unabhängige Abgeordnete Wladimir Ryschkow dem Sender Echo Moskaus. Die Pläne seien ein „Verfassungsbruch“. Auch die Oppositionspartei Jabloko nannte den Vorstoß „verfassungswidrig und gefährlich“. Der Politologe Georgij Satarow sagte: „Putin meint, bei uns gibt es zu wenig Diktatur.“

In Deutschland stieß die Ankündigung des russischen Präsidenten ebenfalls auf Kritik. „Gerade die Änderung des Wahlrechts muss besorgt machen“, sagte der SPD-Fraktionsvize Gernot Erler, Koordinator der Bundesregierung für die deutsch-russische Zusammenarbeit. „Ich hoffe, dass diese Vorschläge noch einmal gründlich überlegt werden“, sagte er dem Tagesspiegel. Es sei sinnvoll, solche tief greifenden Veränderungen auch in den Dialog mit Russland aufzunehmen.

Auch der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Friedbert Pflüger (CDU), kritisierte Putins Pläne. „Es handelt sich hier um eine schleichende Gleichschaltung“, sagte Pflüger dem Tagesspiegel. Dies sei in Putins bisheriger Politik bereits angelegt. Zugleich forderte Pflüger die Bundesregierung auf, deutlich Stellung zu nehmen: „Wir sind es unseren Werten und Überzeugungen schuldig, auf solche kritischen Entwicklungen in Russland nicht mit Schweigen oder Augenzwinkern zu reagieren.“

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