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Der russische Präsident Wladimir Putin hielt eine Rede an die Nation.

© Reuters

Putins Rede an die Nation: Wohltaten fürs Volk – und Drohgebärden Richtung Amerika

Russlands Präsident sieht sich mit wachsender Unzufriedenheit konfrontiert. Das macht ihn in der Außenpolitik zunehmend unberechenbar. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Claudia von Salzen

Der russische Präsident hat in diesem Jahr viele Versprechen mitgebracht: In Russland soll es künftig mehr Geld für Familien, höhere Renten und eine bessere Gesundheitsvorsorge ebenso geben wie neue Flughäfen und schnelles Internet in den Schulen, kündigte Wladimir Putin in seiner Rede an die Nation an. Und das ist nur ein kleiner Teil der teuren Reformpläne, die er in knapp 90 Minuten ankündigte, als wäre es sein erster Tag im Amt. Dabei regiert Putin das Land bereits seit knapp zwei Jahrzehnten. Doch die Schuld an Missständen und mangelnden Reformen schob er den Staatsbediensteten zu, den lokalen und regionalen Eliten und letztlich auch der Regierung. Putin inszenierte sich als guter Zar, der dem Volk Wohltaten verspricht und seine Beamten anweist, den Menschen im Land mehr Respekt entgegenzubringen.

Unterstützung für den Präsidenten schwindet

Mit den kostspieligen Versprechen reagierte Putin auf eine wachsende Unzufriedenheit in Russland. In den Umfragen hat er seinen bisher schlechtesten Wert erreicht: Nur noch 56 Prozent der Russen gaben an, ihn wählen zu wollen. Hinzu kommt, dass auch im heutigen Russland viele Menschen nicht offen zugeben würden, dass sie den Machthaber im Kreml nicht unterstützen. Zum ersten Mal seit langer Zeit gingen im vergangenen Jahr wieder Tausende auf die Straße: Sie protestierten gegen den Beschluss der Regierung, das Renteneintrittsalter zu erhöhen.

Doch ob Putins Strategie, die Kritik von sich fernzuhalten, weiterhin aufgeht, ist keineswegs sicher. Denn mittlerweile sagen fast zwei Drittel aller Russen, dass letztlich der Präsident für die Probleme des Landes verantwortlich sei. Außerdem haben die von Putin zugesagten Wohltaten einen hohen Preis, und es ist völlig unklar, woher der Kreml das Geld dafür nehmen will.

Putin spricht über neue Waffen

Daher bleibt zu befürchten, dass der russische Präsident weiter auf außenpolitische Drohgebärden und Aggressionen setzt, um im eigenen Land Punkte zu machen. Vor fünf Jahren hatte die Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim in Russland eine Welle nationalistischer Begeisterung ausgelöst, doch davon ist heute nicht mehr viel übrig. So konnte Putin auch in seiner eigentlich der Innenpolitik gewidmeten Rede nicht darauf verzichten, über die neue Überschall-Rakete „Avantgarde“ zu reden und die Entwicklung weiterer Waffen anzukündigen.

Am Ende drohte Putin, seine Raketen auch auf Ziele in den USA zu richten, falls die Amerikaner neue atomare Mittelstreckensysteme in Europa stationieren sollten. Das ist zunächst Theaterdonner fürs heimische Publikum, zumal die Amerikaner bereits betont haben, es werde keine neuen Atomraketen in Europa geben. Aber ein aus innenpolitischen Gründen verunsicherter Staatschef im Kreml wird in der Außenpolitik zunehmend unberechenbar. Das könnten in erster Linie Russlands unmittelbare Nachbarn, allen voran die Ukraine, noch stärker zu spüren bekommen.

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