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Tote und Verletzte. Helfer tragen ein Opfer des Anschlags von Abuja in einen Rettungswagen. Foto: Afolabi Sodtunde/Reuters

© REUTERS

Politik: Radikal antiwestlich

Die islamistische Gruppe Boko Haram übernimmt die Verantwortung für den Anschlag auf das UN-Quartier in Nigerias Hauptstadt

Vier Monate nach den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen wird Nigeria erneut von einem Terrorakt erschüttert. Nachdem es bereits Ende Juni im Nordosten des Landes zu einem schweren Anschlag von Islamisten gekommen war, dem mehr als 20 Menschen zum Opfer fielen, wurde am Freitag das Hauptgebäude der Vereinten Nationen in der Hauptstadt Abuja von einer Autobombe teilweise zerstört. Wie die BBC berichtete, hat ein mit Sprengstoff gefülltes Fahrzeug zwei Sicherheitssperren durchbrochen. Bei der Explosion sei das Erdgeschoss des UN-Gebäudes fast völlig zerstört worden. Nach Angaben des Roten Kreuzes wurden mindestens 16 Mesncehn getötet und viele verletzt.

Die Verantwortung dafür übernahm die radikalislamistische Sekte Boko Haram. Ein UN-Mitarbeiter, der anonym bleiben wollte, erklärte gegenüber dem britischen Nachrichtensender, die UN hätten im letzten Monat Informationen über einen möglichen Anschlag durch die Gruppe erhalten. Bereits im Juni war die Sekte zudem für einen ähnlichen Bombenanschlag auf eine Polizeistation verantwortlich gemacht worden. Boko Haram hat in den letzten Monaten in der Stadt Maiduguri im Nordosten von Nigeria immer wieder Anschläge verübt und unter den Bewohnern für Angst und Schrecken gesorgt.

Nach Angaben von Beobachtern lehnen die Mitglieder der Sekte den westlichen Lebensstil grundsätzlich ab, darunter den Konsum von Alkohol, aber auch jede Form von Luxus wie etwa den Erwerb von Möbeln. Die Gruppe, die sich selbst als „nigerianische Taliban“ bezeichnet, hat in den vergangenen zwei Jahren verschiedentlich Polizeistationen und christliche Kirchen angegriffen. Ihre Führung verlangt die im Norden geltenden islamischen Schariagesetze auf ganz Nigeria auszudehnen.

Unklar ist, ob die Gruppe vom Terrornetzwerk Al Qaida finanziell und logistisch unterstützt wird. Dass es enge Kontakte gibt, gilt als sicher. Schätzungen über die Größe von Boko Haram, das in der Haussa-Sprache „westliche Bildung ist sündig“ heißt, sprechen von einem harten Kern von 50 bis 500 militanten Mitgliedern. Bei dem jüngsten Anschlag könnte es sich deshalb durchaus um ein weiteres Kapitel in dem seit zehn Jahren schwelenden Konflikt zwischen Muslimen und Christen handeln, wobei die UN von den Islamisten womöglich als Stellvertreter westlicher Interessen betrachtet wird. Allerdings ist die Gewalt weit mehr als ein Kampf zwischen den Religionen. So gelten die muslimischen Gruppen im Bundesstaat Plateau noch immer als Siedler, ein Status, der sie von vielen politischen Positionen ausschließt.

Deutsche Sicherheitsexperten vermuten, dass Islamisten mit Kontakt zu Al Qaida für den Anschlag verantwortlich sind. „Der Einsatz eines Selbstmordattentäters deutet auf militanten Islamismus hin“, hieß es. Außerdem werde im muslimischen Norden Nigerias eine zunehmende Präsenz von „Al Qaida im islamischen Maghreb“ (AQM) beobachtet. AQM entstand 2006 durch den Zusammenschluss der als äußert gewalttätig geltenden algerischen Gruppierung GSPC mit weiteren nordafrikanischen Islamisten. Sicherheitskreise registrieren schon länger, dass AQM den Aktionsradius in den Süden ausdehnt. Außerdem warnt das Auswärtige Amt in seinen Hinweisen zu Nigeria und benachbarten Staaten vor Racheaktionen von AQM. mit fan

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