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RAF-Debatte: CSU setzt Köhler unter Druck

Die CSU hat Bundespräsident Köhler für den Fall einer Begnadigung von Ex-RAF-Terrorist Klar gedroht. Die anderen Parteien verurteilten die Äußerungen aus den Reihen der CSU. Die FDP warf ihr niveauloses Verhalten vor.

Berlin - Bundespräsident Köhler wird demnächst über das Gnadengesuch von Ex-Terrorist Christian Klar entscheiden. Dafür hat sich der oberste Mann im Staat persönlich mit dem ehemaligen RAF-Terroristen getroffen, was zur Verstimmung bei der CSU geführt hat. Eine Versöhnung mit der Vergangenheit scheint bei der CSU nicht hoch im Kurs zu stehen, die Fronten scheinen verhärtet wie vor 30 Jahren, als ob keinem ehemaligen RAF-Terroristen bisher Gnade widerfahren wäre.

Die CSU erhöht vor der Entscheidung über das Gnadengesuch Christian Klars den Druck auf den Bundespräsidenten: Im Falle einer Begnadigung soll die Bundesregierung diese Anordnung nicht gegenzeichnen, wie es das Grundgesetz vorsieht. "So könnte die Bundesregierung deutlich machen, dass man mit der Entscheidung des Bundespräsidenten nicht einverstanden ist", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete Andreas Scheuer der "Passauer Neuen Presse".

Zypries soll Gnadenakt nicht gegenzeichnen

Er sprach sich indirekt dafür aus, dass Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) einen möglichen Gnadenakt nicht gegenzeichnen solle. Schließlich habe auch Köhler einige Gesetze der Bundesregierung nicht unterzeichnet. Nach Artikel 58 des Grundgesetzes bedürfen Anordnungen und Verfügungen des Bundespräsidenten zu ihrer Gültigkeit der Gegenzeichnung durch den Bundeskanzler oder durch den zuständigen Bundesminister. Nach Ansicht Scheuers würde sich eine Begnadigung Klars auf das Stimmenergebnis bei einer möglichen Wahl Köhlers für eine zweite Amtszeit auswirken: "Wenn der Bundespräsident Klar begnadigt, geht das nicht spurlos an meiner Entscheidung über meine Stimme bei der Bundespräsidentenwahl vorbei. Dann muss ich mir schwer überlegen, ob er noch meine Stimme hat", sagte Scheuer. Vielen CSU-Bundestagsabgeordneten gehe es ebenso.

Wolfgang Schäuble rief zur Zurückhaltung auf. "Das Amt des Bundespräsidenten verlangt, dass darüber nicht diskutiert wird", sagte Schäuble im Deutschlandradio. Köhler habe in dieser Frage das Recht, alleine zu entscheiden und trage eine besondere Verantwortung. Das sei von jedermann zu respektieren. "Politiker müssen einfach die Kraft haben, auf Fragen von Journalisten zu sagen: An dieser Debatte beteilige ich mich nicht."

Zuvor hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der Debatte um Klar zu mehr Respekt vor dem Amt des Bundespräsidenten gemahnt. Kritik an einem Treffen zwischen Köhler und Klar sowie an einer möglichen Begnadigung des Ex-Terroristen war zuvor vor allem aus der CSU laut geworden.

FDP: "Unterstes politisches Niveau" bei der CSU

Politiker von Union und FDP forderten die CSU indes zur Zurückhaltung auf: FDP-Fraktionsvize Sabine Leutheusser-Schnarrenberger warf der CSU vor, das Amt des Bundespräsidenten zu beschädigen. Die Drohungen, Köhler nicht mehr wiederwählen zu wollen, nannte die frühere Justizministerin "unterstes politisches Niveau".

Der stellvertretende Unions-Fraktionsvorsitzende Wolfgang Bosbach warnte sein eigenes politisches Lager davor, dass zu viel Druck auf Köhler vor der Entscheidung über das Gnadengesuchs zum falschen Ergebnis führen kann. "Ich bin dagegen, dass man dem Bundespräsidenten in irgendeiner Weise droht", sagte Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach der "Financial Times Deutschland". Er fürchte sogar, dass das kontraproduktiv wäre, sagte der CDU-Politiker, der an seiner persönlichen Ablehnung einer Begnadigung des ehemaligen RAF-Terroristen festhielt.

Die Vorsitzende der Grünen, Claudia Roth, sprach sich für eine Begnadigung von Ex-RAF-Terrorist Christian Klar aus: "Ich persönlich würde mir wünschen, dass der Präsident den Gnadenakt erlässt und damit deutlich macht, dass es in unserem Rechtsstaat nicht um Rache, sondern um Reintegration geht", sagte Roth. Scharfe Kritik übte Roth an den Drohungen von Union und FDP gegenüber dem Bundespräsidenten. (Amir El-Ghussein mit AFP, ddp, dpa)

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