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RAF: Verena Becker stellte sich freiwillig

Es war kein Showdown, wie er früher üblich war, wenn RAF-Terroristen in die Fänge der Polizei gerieten. Die in der vergangenen Woche festgenommene Ex-RAF-Terroristin Verena Becker hat sich gestellt.

Von Frank Jansen

Berlin - Es war kein Showdown, wie er früher üblich war, wenn RAF-Terroristen in die Fänge der Polizei gerieten. Die in der vergangenen Woche festgenommene Ex-RAF-Terroristin Verena Becker hat sich gestellt. Becker wurde am Donnerstag gegen 17 Uhr von Beamten des Bundeskriminalamts in der Kanzlei ihres Anwalts, Walter Venedey, im Berliner Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf abgeholt. Venedey bestätigte jetzt Informationen, die der Tagesspiegel aus Justizkreisen erhalten hatte. „Meine Mandantin ist freiwillig gekommen, weil sie sich dem Verfahren stellen wollte“, sagte der Anwalt. Er habe zwei BKA-Beamte, die in der Fasanenstraße die Kanzlei beobachteten, gebeten, heraufzukommen. Die Festnahme Beckers sei ohne Komplikationen erfolgt. „Das lief zivilisiert ab“, sagte Venedey. Seine Mandantin habe nicht zu Hause, wo schon Journalisten warteten, festgenommen werden wollen, um ihr privates Umfeld zu schonen.

Die Bundesanwaltschaft hatte einen Haftbefehl gegen Becker erwirkt. Ermittelt wird gegen sie, wie berichtet, wegen des Verdachts, an der Ermordung von Generalbundesanwalt Siegfried Buback und zwei Begleitern 1977 in Karlsruhe beteiligt gewesen zu sein. In dem Haftbefehl ist von Fluchtgefahr die Rede. Das weist Venedey zurück. Seine Mandantin sei chronisch krank, „wohin hätte sie in ihrem Zustand fliehen wollen?“. Becker habe zudem im Rahmen des juristischen Härteausgleichs keine allzu hohe Strafe zu erwarten, „also fehlt der Fluchtanreiz“.

Becker hat bereits 15 Jahre in Gefängnissen gesessen. 1972 kam sie nach einem Anschlag auf einen Berliner Jachtclub (ein Toter) das erste Mal in Haft. 1975 pressten Terroristen der „Bewegung 2. Juni“, die den Berliner CDU-Chef Peter Lorenz entführt hatten, Becker und vier weitere Häftlinge frei. Die fünf wurden in die heute nicht mehr existierende sozialistische Republik Südjemen ausgeflogen. 1977 überwältigte die Polizei in Singen (Baden-Württemberg) nach einer Schießerei Becker und den RAF-Mann Günter Sonnenberg. Becker wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und zwölf Jahre später von Bundespräsident Richard von Weizsäcker begnadigt. Die verbüßte Haft würde, sollte es zu einem Prozess gegen Becker wegen des Falles Buback kommen, in einem Urteil berücksichtigt, sagte Venedey.

Die in Sicherheitskreisen kursierenden Gerüchte, Becker habe sich gestellt, um „auszupacken“, gehen zumindest bislang an der Realität vorbei. Seine Mandantin habe sich weder bei der Verhaftung noch danach zur Sache eingelassen, sagte ihr Verteidiger. Beamte des BKA hatten Becker am vergangenen Freitag zum Bundesgerichtshof in Karlsruhe gebracht, wo ihr der Haftbefehl eröffnet wurde. Zu den Kontakten, die Becker Anfang der 80er Jahre zum Verfassungsschutz unterhielt, wollte sich Venedey nicht äußern.

Unterdessen hat sich neben Politikern von CDU und SPD auch Ex-Verfassungsrichter Winfried Hassemer dafür ausgesprochen, das Bundesinnenministerium sollte die gesperrten Verfassungsschutz-Akten zu Becker freigeben.

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