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Politik: Raketenbeschuss trotz Waffenruhe

Palästinenserführer kritisieren Bruch der Vereinbarung durch eigene Gruppierungen / Israel wartet ab

Der Waffenstillstand zwischen Israel und den Palästinensern seit Sonntagmorgen bleibt labil: Palästinensische Sicherheitskräfte sollen nun den Raketenbeschuss israelischer Ortschaften vom nördlichen Gazastreifen aus unterbinden. Palästinenserpräsident Mahmud Abbas erließ einen entsprechenden Befehl an alle Sicherheitsorgane, nachdem der Beschuss nach Inkrafttreten des Waffenstillstandes sogar verstärkt worden war.

Seit Sonntag sechs Uhr herrscht offiziell Waffenruhe zwischen Israelis und Palästinensern. Doch bis zum Mittag schlugen im Stundentakt sechs Kassam-Raketen in der israelischen Kleinstadt Sderot und deren Umgebung ein. Unmittelbar vor Inkrafttreten der Übereinkunft waren Sderot und zwei weitere Ortschaften bereits viermal beschossen worden.

Der Islamische Dschihad und der militärische Arm der regierenden Hamas übernahmen die Verantwortung. Sie bezeichneten den Beschuss als Antwort auf die Festnahme von zwei palästinensischen Militanten im Westjordanland. Abbas und andere führende Fatah-Politiker verurteilten die Verletzung des Abkommens in scharfen Worten. Auch der Sprecher der Hamas-Regierung, Ghasi Hamad, wandte sich gegen die Attacken. Die Regierung bemühe sich, dass alle Parteien den Waffenstillstand einhielten, sagte er. Premier Ismail Haniyeh betonte am Nachmittag, alle politischen Führer der verschiedenen Gruppierungen hätten sich nochmals auf die Einhaltung des Waffenstillstandes verpflichtet – unter der Bedingung, dass „Israel seine Aggressionen gegen das palästinensische Volk“ einstelle.

Der innerpalästinenschen Übereinkunf zum Waffenstillstand waren monatelange Verhandlungen vorangegangen, die mehrfach unterbrochen und einige Male auch als endgültig gescheitert bezeichnet worden waren. Israels Premier Ehud Olmert hatte als Gegenleistung zugesagt, die Truppen aus dem Gazastreifen abzuziehen und auf gezielte Tötungen zu verzichten. Schon kurze Zeit später zogen sich die israelischen Truppen tatsächlich über die Grenze zurück.

Olmert will es Abbas ermöglichen, seine Verpflichtungen einzuhalten, also den Beschuss zu stoppen. Israel werde daher, trotz palästinensischer Verletzungen des Waffenstillstandes, zumindest einige Tage lang Zurückhaltung üben. Der Premier drückte seine Hoffnung aus, dass die Waffenruhe auf das gesamte Westjordanland ausgeweitet werde und zur sofortigen Freilassung des entführten Soldaten Gilad Shalit führe. Abbas habe ihm auch versprochen, Waffenschmuggel und Tunnelbau entlang der ägyptisch-palästinensischen Grenze zu unterbinden.

Palästinenser-Sprechern zufolge wird der Waffenstillstand von den durch israelische Einmärsche und Bombardierungen ermüdeten Bewohnern des Gazastreifens einmütig begrüßt. Die Einwohner Sderots und der umliegenden Kibbuzim gaben sich jedoch misstrauisch bis kritisch. Israels Nationalisten attackierten die Regierung als blauäugig und behaupteten, die Palästinenser hätten Olmert und seine Minister getäuscht mit Versprechen, die sie nie einhalten würden. Washington indessen begrüßte den Waffenstillstand: Ein Sprecher des Weißen Hauses bezeichnete ihn als „positiven Schritt vorwärts“.

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