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Rassismus: Roma-Familien in Belfast attackiert

20 Roma-Familien haben am Dienstagabend ihre Häuser in Süd-Belfast überstürzt verlassen müssen. 115 Leute, darunter ein fünf Tage altes Mädchen, verbrachten die Nacht in einer Kirche und wurden am Mittwoch vorübergehend in einem Belfaster Freizeitzentrum untergebracht. Die Familien waren seit etwa einer Woche regelmäßigen, vermutlich rassistisch motivierten Attacken ausgesetzt gewesen.

Dabei wurden Fensterscheiben mit Backsteinen eingeschlagen, was bei den verängstigten Opfern zu Verletzungen führte. Nachbarn der Roma hatten vergeblich eine kleine Bürgerwehr organisiert, um die angepeilten Häuser zu beschützen. Diese Wächter berichteten anschließend dem lokalen „Belfast Telegraph“, die Angreifer hätten sich als Mitglieder der rechtsextremen Gruppierung „Combat 18“ zu erkennen gegeben. Diese Schlägertruppe entstand einst aus der fremdenfeindlichen „British National Party“. Sie leitet ihren Namen in Bezug auf Adolf Hitler vom ersten und achten Buchstaben des Alphabets ab: A und H.

Der Schauplatz der Übergriffe, die Universitätsgegend im Südteil von Belfast, ist eigentlich nicht konfessionell homogen, da zahlreiche Studenten dort wohnen. Aber das nahe gelegene Village-Viertel, aus dem im März im Anschluss an ein Fußballspiel zwischen Polen und Nordirland fast 50 Ausländer handgreiflich vergrault wurden, ist protestantisch. Der paramilitärische Verband „Ulster Defence Association“ (UDA) ist dort stark verwurzelt. Es gibt Überlappungen zwischen der UDA und Combat 18. Rassistisch motivierte Attacken, die von der Polizei als solche registriert werden, haben sich in Nordirland in den letzten sechs Jahren fast vervierfacht. Es darf unterstellt werden, dass diese Art von Gewalt, die sich gegen alles Andersartige richtet, im Verlaufe des Friedensprozesses an die Stelle rein konfessionell motivierter Übergriffe getreten ist.

Der stellvertretende Chefminister Nordirlands, Martin McGuinness von der Sinn-Féin-Partei, nannte die jüngsten Attacken „eine beschämende Episode“. Die eben gewählte Bürgermeisterin von Belfast, Naomi Long, verlangte Respekt und Würde für die Roma. Sie wolle nicht zuschauen, wie jemand aus Belfast vertrieben werde.

Martin Alioth

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