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Rauchen verboten, heißt es immer häufiger in Deutschland. Nun wollen einige Bundesländer die Nichtraucherschutzgesetze noch weiter verschärfen.

© dpa

Rauchverbot: Weniger Qualm – weniger Herzinfarkte

Eine neue Studie zeigt die positive Wirkung von Nichtraucherschutzgesetzen auf die Gesundheit der Deutschen. Und Nordrhein-Westfalen plant jetzt noch rigidere Regelungen als Bayern.

Die Nichtraucherschutzgesetze haben einen messbar positiven Einfluss auf die Gesundheit der Deutschen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Krankenversicherung DAK. Die in den Bundesländern seit 2007 geltenden Regelungen hätten bewirkt, dass die Zahl der Krankenhausaufenthalte aufgrund eines akuten Herzinfarkts um acht Prozent zurückgegangen sei, sagte der DAK-Vorstandsvorsitzende Herbert Rebscher. Die Zahl von stationären Angina-pectoris-Behandlungen als Vorstufe des Infarkts habe sich um 13 Prozent verringert.

Die Macher der Studie hätten sich zum Vergleich in Ländern wie Kanada und Italien umgeschaut, wo strikte Rauchverbote gelten. Dort gebe es ähnlich positive Entwicklungen. Rebscher machte jedoch deutlich, dass neben Rauchen auch andere Faktoren wie mangelnde Bewegung und Stress entscheidend für den Gesundheitszustand der Deutschen seien.

Die Studie ist aufgrund der großen Stichprobe – die DAK verwendete 3,7 Millionen Versichertendaten – sowie wegen ihrer Aussagekraft in Bezug auf mögliche Kosteneinsparungen bemerkenswert. So spare allein die DAK wegen der geringeren Krankenhausbehandlungskosten 7,7 Millionen Euro pro Jahr. „Unsere Ergebnisse verstehe ich auch als Aufforderung an die Politik“, sagte Rebscher. Seiner Ansicht nach könnten die strikten bayerischen Nichtrauchergesetze ein Vorbild für die ganze Bundesrepublik sein.

In der Gastronomie überwiegt derzeit ein differenziertes Rauchverbot. „Es hat sich der Satz durchgesetzt: Wo gegessen wird, darf nicht geraucht werden“, sagt Stefanie Heckel vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga). Die Restaurantbetreiber haben jedoch die Möglichkeit, in einem abgetrennten Nebenzimmer einen Raucherraum einzurichten. „Diese Lösung ist ein guter Kompromiss, mit dem sich alle arrangieren können“, sagt Heckel. Vor der Einführung der Rauchverbote befürchteten viele Wirte ein regelrechtes Kneipensterben, doch sei dieses ausgeblieben.

NRW will noch rigoroser gegen Raucher vorgehen als Bayern

Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts von 2008 bestimmte zudem, dass Bars und Schankstuben, die keinen Nebenraum besitzen, kleiner als 75 Quadratmeter sind und kein eigenes Essen zubereiten, selbst entscheiden dürfen, ob sie das Rauchen gestatten. Kinder und Jugendliche dürfen sich in Raucherkneipen nicht aufhalten. „Bei diesen kleinen Betrieben, die häufig allein vom Wirt betrieben werden, geht es oft um die Existenz“, berichtet Heckel. In einer Dehoga-Umfrage 2008 hatten in Hessen 93 Prozent der Betreiber von Einraumgaststätten angegeben, dass ihre Umsätze durch die Nichtraucherschutzgesetze gesunken wären.

Es geht aber auch rigoroser: Im von Rebscher als beispielhaft gepriesenen Bayern gibt es keine Ausnahmeregelungen. Möglich wurde diese Strenge erst durch ein Volksbegehren im Jahr 2010. Eine deutliche Mehrheit der Bürger sprach sich für ein absolutes Rauchverbot aus. Keine Ausnahmen für Eckkneipen, keine Toleranz in Festzelten. Auch auf dem Oktoberfest muss seit zwei Jahren die Zigarette aus bleiben. „Wir verzeichnen ein leichtes Umsatzplus seit Einführung der verschärften Gesetzesvariante“, sagt Frank-Ulrich John vom Landesverband Bayern des Dehoga. Es gebe Gewinner und Verlierer – die Restaurants profitieren von dem konsequenteren Nichtraucherschutz. Familien mit Kindern halten sich dort länger auf, viele Menschen schätzen die rauchfreie Umgebung beim Essen. Bei den Eckkneipen hingegen sind mitunter erhebliche Umsatzeinbrüche zu verzeichnen.

Trotzdem sind die Dehoga-Mitglieder in Bayern gespalten. „Etwa die Hälfte ist zufrieden, die andere spricht sich dagegen aus“, sagt John. Die letzte Tabakinsel in Bayern ist die private Feier: Wird in einem Gastronomiebetrieb eine geschlossene Veranstaltung ausgerichtet, darf dort geraucht werden. „Es ist selbstverständlich, dass auf dem 90. Geburtstag des Großvaters nicht vorgeschrieben wird, wie sich die Leute zu verhalten haben.“

Das wird nicht überall so gesehen. Nordrhein-Westfalen plant unter der rot-grünen Regierung von Hannelore Kraft (SPD) auf Druck der Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne) eine Verschärfung der bisherigen Regelungen. „Die derzeit geltenden gesetzlichen Bestimmungen erlauben so viele Ausnahmen, dass der wirksame Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens nicht gewährleistet ist“, lautet die Begründung der Staatskanzlei in Düsseldorf.

Das neue Gesetz soll Rauchen generell in allen gastronomischen Betrieben verbieten – das gilt auch bei geschlossenen und privaten Veranstaltungen. Auch der 90. Geburtstag des Großvaters müsste dann rauchfrei bleiben. Scharfe Kritik gab es bereits aus verschiedenen Parteien. Die SPD-Politikerin Marita Hetmeier warf Steffens vor, die Kneipenkultur im Ruhrgebiet zu zerstören, und sprach im Zusammenhang mit den neuen Plänen von „Gesundheitsrassismus“.

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