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War lange der Mann fürs Grobe: Raul Castro im Juli 2012. Foto: AFP

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Raul Castro: Kubas flexibler Ideologe

Puebla – Er war immer an Fidels Seite, stand aber stets im Schatten seines älteren Bruders. Weder hat Raul Castro dessen Charisma, Redegewalt oder imponierende Statur, noch dessen politisches Geschick.

Puebla – Er war immer an Fidels Seite, stand aber stets im Schatten seines älteren Bruders. Weder hat Raul Castro dessen Charisma, Redegewalt oder imponierende Statur, noch dessen politisches Geschick. Aber Fidel Castro vertraut seinem Bruder blind. Zusammen gingen sie bei den Jesuiten auf die Schule, gemeinsam zettelten sie die Revolution an und überlebten den Angriff auf die Moncada-Kaserne im Juli 1953, gingen ins Exil nach Mexiko und übernahmen 1959 nach dem Triumph der Revolution die Kontrolle. Schon kurz nach seiner Machtübernahme machte Fidel seinen Bruder mit den Worten „hinter mir stehen Radikalere als ich“ zum Nachfolger und betraute ihn außerdem mit dem wichtigen Posten des Verteidigungsministers.

Fidel war die Lichtgestalt, Raul sorgte hinter den Kulissen für Linientreue. Der „Máximo Líder“ mobilisierte die Massen in Havanna, Raul sorgte in den rebellischen Provinzen für Ordnung, pflegte Kontakte zum strategischen Partner Sowjetunion und baute ein gefürchtetes Netz von Spitzeln auf. Entsprechend beliebt war er bei den Kubanern.

Raul, geboren am 3. Juni 1931, gehörte schon während seiner Zeit als Student der Wirtschaftswissenschaften lange vor der Revolution der kommunistischen Jugendorganisation an, während Fidel sich erst 1961 zum Sozialismus bekannte. In ideologischen Fragen legte der schmächtige Mann mit der dicken Brille und dem Schnauzbart durchaus Flexibilität an den Tag. So war er es, der nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Einführung der Bauernmärkte durchsetzte, auf denen erstmals Landwirte unter marktähnlichen Bedingungen ihre Produktion frei verkaufen konnten. Bohnen seien zum jetzigen Zeitpunkt wichtiger für das Überleben der Revolution als Waffen, hatte Raul argumentiert.

Ein ähnliche Strategie der vorsichtigen Wirtschaftsreformen bei gleichzeitigem Systemerhalt verfolgt er seit der Erkrankung seines Bruders 2006. Er lud die Kubaner zu einer offenen Debatte über Missstände in der Mangelwirtschaft ein und schickte die Angestellten der Staatsbetriebe zu Managementkursen. Nach seiner Amtsübernahme ließ er kleinkapitalistische Gewerbe zu.

Selbst den US-Amerikanern machte er ein Gesprächsangebot. Washington, das einen Systemwechsel auf Kuba anstrebt, lehnte aber ab. Politische Öffnung im Land gibt es unter Raul nicht. Dissidenten werden weiterhin bespitzelt, verhaftet, drangsaliert. Sandra Weiss

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