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© AFP

Raul Castro: Kubas halbherziger Reformer

Raul Castro tut sich schwer, aus dem langen Schatten seines großen Bruders Fidel zu treten. Die Zustimmung in der Bevölkerung schwindet.

Von Michael Schmidt

Berlin - Fidel Castro hatte praktisch ein halbes Jahrhundert als Maximo Lider dem kubanischen Insel-Marxismus ein Gesicht, nämlich sein Gesicht gegeben, bevor er im Juli 2006 wegen einer Darmoperation die Amtsgeschäfte erst vorübergehend, dann dauerhaft in die Hände seines Stellvertreters legte: Heute vor einem Jahr dann machte die Nationalversammlung den 77-jährigen Raul offiziell zum Präsidenten der Karibikinsel. Hat der Kuba verändert? Jein.

Der kleine Mann mit der großen Brille, unter Fidels Regiment zur mausgrauen, wenig charismatischen Eminenz avanciert, weckte zunächst Hoffnungen. In seinen angenehm kurzen Reden sprach er von dringend nötigen Veränderungen, von Verboten, die abgeschafft gehörten, von einer offenen Diskussion über Fehler, Mängel, Versäumnisse, die er begrüße. Er hob ein paar Verbote auf. Die Kubaner dürfen jetzt Computer und DVDs kaufen, Autos mieten und in Touristenhotels logieren – Freiheiten, die sich allerdings nur leisten kann, wer Geld von Verwandten im Ausland erhält. Die Kubaner erwarten andere Reformen und Freiheiten. „Raul Castro hat klugerweise gar nicht erst versucht, Fidel II. zu werden“, sagt Bert Hoffmann vom Giga-Institut für Lateinamerikastudien in Hamburg. Das sei durchaus positiv aufgenommen worden. Raul Castros Problem sei ein anderes. „Er hat den Leuten gesagt: Von mir kriegt ihr keine großen Reden, aber mehr zu essen auf den Tisch. Das wollten die Leute auch hören. Aber jetzt fragen sie: Wo bleibt das Essen?“

Der anfängliche Reformimplus ist ins Stocken geraten. Von konzeptionellen und strukturellen Veränderungen ist nichts zu sehen. Weil, wie Hoffmann vermutet, Raul glaubt, auf die Machtbalance im Apparat, in der Partei, in Regierung und Militär Rücksicht nehmen zu müssen. Anfang des Jahres stimmte er, im Angesicht der Finanzkrise, das ohnehin gebeutelte Volk auf harte Zeiten ein. Zustimmung ist damit nicht zu gewinnen, anfängliches Wohlwollen sogar eher verspielt worden. Was Kuba brauche, so Hoffmann, seine eine Dynamisierung der Wirtschaft. Nur: „Dafür müsste Raul Castro sich und das Land mehr öffnen, als es seine Politik einer ausmoderierten Machtbalance zulässt.“ Michael Schmidt

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