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Politik: Raus aus der Bettlerrolle

Die Mitglieder der Afrikanischen Union wollen von den G8 unterstützt werden – als gleichwertige Partner

Berlin - Muammar al Gaddafi versteht es, sich in Szene zu setzen. Zu Beginn des Gipfels der Afrikanischen Union im libyschen Sirte hat er die 53 AU-Mitgliedstaaten am Montag aufgefordert, bei den G8 nicht mehr „um Hilfe zu betteln“. Dabei wollen die sieben reichsten Industrienationen der Welt und Russland, die ab Mittwoch zum G-8-Gipfel im schottischen Gleneagles zusammenkommen, gerade jetzt einen Schuldenerlass für die 14 ärmsten Staaten Südafrikas offiziell beschließen, weitere Zusagen nicht ausgeschlossen. Libyens Präsident kann also mit Protest rechnen – von Seiten der Nutznießer des Erlasses wie Ruanda, Äthiopien oder Tansania, die meisten anderen AU-Staaten dürften sich anschließen.

Beobachter gegen davon aus, dass sich der Gipfel mehrheitlich für die von den G8 zugesagten Hilfen aussprechen wird. Die Agentur Reuters zitiert einen AU- Sprecher, die Afrikaner würden die westlichen Partner auffordern, die gesamte Afrikahilfe von 2007 an noch zu beschleunigen. Das heißt, Afrikas Staaten wollen sich weitere finanzielle Unterstützung sichern. Aber, da hat Gaddafi nicht Unrecht, will man auf Augenhöhe und gleichberechtigt mit den Gebern verhandeln. Dabei geht es unter anderem um die 2001 ins Leben gerufene Neue Partnerschaft für Afrikas Entwicklung (Nepad), die die G8 ebenfalls vor vier Jahren bestätigt haben. Den Industrienationen ist dabei der Bereich Frieden und Sicherheit besonders wichtig, und die Fähigkeit der AU, aus eigener Kraft politische Krisen auf dem Kontinent zu lösen. Ein entsprechender Einsatz im westsudanesischen Darfur steht auf der Tagesordnung des Gipfels. Die AU ist dort mit etwa 3000 Soldaten vertreten, für diese Woche haben EU und Nato den Beginn ihrer Hilfe beim Transport weiterer Friedenstruppen in die Krisenregion angekündigt. Für weitreichende Pläne zum Aufbau einer afrikanischen schnellen Eingreiftruppe erwarten Beobachter aber keine konkrete Entscheidung.

Auch bei der Debatte um die mögliche Reform des UN-Sicherheitsrates würde „eine Einigung an ein Wunder grenzen“, sagt Jens Martens vom Global Policy Forum. Zwar liegt ein Resolutionsentwurf vor, nach dem bei einer Erweiterung um sechs neue ständige Mitglieder zwei davon afrikanische Staaten sein sollen – noch ist das den USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China vorbehalten. Was der AU fehlt, sind Konsens-Kandidaten. Der Westen würde sich Südafrika und Ägypten wünschen, letzteres, weil auf diese Weise ein arabisches Land in die Ratsreform einbezogen wäre. Doch auch Nigeria hat großes Interesse, der Senegal, und selbst Libyen wäre nicht abgeneigt.

Als problematischer dürften es die G8 aber sehen, dass die AU es offenbar nicht schaffen wird, den Despoten von Simbabwe, Robert Mugabe, und dessen brutale Politik gegen die eigene Bevölkerung zu kritisieren. Die Außenminister der G8 hatten bei ihrem Vorbereitungstreffen für den Gipfel die Zwangsräumung von Elendsquartieren in Simbabwe scharf kritisiert, durch die hunderttausende Menschen obdachlos geworden sind. Doch die AU schweigt dazu. Dieses Verhalten steht unter anderem dem, was in Initiativen wie Nepad von Seiten der Afrikaner in puncto Demokratisierung, Menschenrechte, gegenseitiger Kontrolle und Unterstützung der Zivilgesellschaft versprochen wird, komplett entgegen. Zwar nimmt Simbabwe nicht Teil an dem neuen Partnerschaftsprogramm. „Das heißt aber nicht, dass die afrikanischen Staaten, allen voran Südafrika, nicht Mittel und Wege hätten, die Krise zu lösen. Eine Nichteinmischung ist nicht akzeptabel“, sagt Dunja Speiser, Afrikaexpertin der Stiftung für Wissenschaft und Politik in Berlin. Simbabwes Opposition erhofft sich nun von dem G-8-Gipfel eine Verurteilung dessen, was in ihrem Land passiert – wenn die Afrikaner selbst schon nichts dazu sagen.

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