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Politik: Rauschgifthandel: Die Polizei, dein Freund und Drogenschmuggler - Verwicklung von türkischen Behörden und Geheimdienst

Der Einsatz der Polizei war beeindruckend. Als die türkischen Behörden kürzlich in der Stadt Mersin im Süden des Landes 17 TIR-Lastwagen untersuchten, fanden sie darin 22 Tonnen Haschisch.

Der Einsatz der Polizei war beeindruckend. Als die türkischen Behörden kürzlich in der Stadt Mersin im Süden des Landes 17 TIR-Lastwagen untersuchten, fanden sie darin 22 Tonnen Haschisch. Die Aktion wurde als einer der erfolgreichsten Schläge gegen die Rauschgiftmafia seit Jahren gefeiert - doch möglicherweise sollte damit der Öffentlichkeit nur Sand in die Augen gestreut werden. Denn nach der Aussage eines führenden Koalitionspolitikers in Ankara sind Polizei und Geheimdienst in der Türkei selbst tief in den Drogenhandel verwickelt.

Sevket Bülent Yahnici, der stellvertretende Vorsitzende der rechtsradikalen Regierungspartei MHP, bestätigte in einem Interview mit der liberalen Zeitung "Radikal", was viele in der Türkei seit langem vermuteten: Die Behörden und die Drogenschmuggler, die das Rauschgift oft in den schweren TIR-Trucks transportieren, arbeiten häufig eng zusammen. "Die Polizei gibt die Straße frei, die TIR-Laster rollen, vorneweg und hintendrein fahren Polizeifahrzeuge", sagte Yahnici. "Seit 25 bis 50 Jahren läuft der Drogenschmuggel so ab."

Seit Jahren schon ist die Türkei das Haupt-Transitland für Rauschgift, das aus Asien nach Europa geschmuggelt wird. Meist geschieht dies auf dem Landweg; die TIR-Lastwagen sind das bevorzugte Transportmittel, weil sie nach internationalen Vorschriften nur im Ursprungs- und im Ankunftsland Zollkontrollen unterworfen sind, nicht aber in Transitstaaten. Yahnici sagte, von Yüksekova im äußersten Südosten der Türkei würden Drogen im Wert von 100 Milliarden US-Dollar ins südfranzösische Marseille gebracht, das als Einfalltor für den europäischen Rauschgiftmarkt gilt. Nach Schätzungen der US-Rauschgiftbehörde DEA werden pro Monat vier bis sechs Tonnen Heroin aus der Türkei nach Europa geschafft.

Bei diesem Schmuggel gibt es viel Geld zu verdienen. Nach Yahnicis Worten werden jedes Jahr mehrere Milliarden Dollar an Drogengeldern in der Türkei "verteilt". Doch so aufsehenerregend die Aussagen Yahnicis auch sind - es sind Zweifel daran angebracht, ob der MHP-Politiker aus völlig hehren Motiven handelte. Denn Yahnicis Partei ist derzeit mit Blick auf die nächsten Wahlen dabei, sich selbst als Kraft der Saubermänner zu profilieren und gleichzeitig Korruptionsvorwürfe gegen die beiden konservativen Parteien ANAP und DYP der Ex-Ministerpräsidenten Mesut Yilmaz und Tansu Ciller bei den Wählern zu festigen. Deshalb sind Yahnicis Äußerungen Teil einer innenpolitisch motivierten Taktik seiner Partei. Ob damit die Lastwagen und ihre Polizei-Eskorten gestoppt werden können, ist fraglich.

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