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Polizisten tragen in Hamburg Computer aus dem Gebäude der Moschee.

© ddp

Razzia: Islamismusverdacht: Hamburg schließt Moschee

Ihr Name ging um die Welt, als die Spur der Attentäter des 11. September nach Hamburg führte. Mohammed Atta und seine Komplizen trafen sich in der Al-Kuds-Moschee. Jetzt haben die Behörden das Anlaufzentrum für Islamisten geschlossen.

Von Frank Jansen

Sie war die Moschee mit dem mutmaßlich schlechtesten Ruf in Deutschland, auch wenn sie zuletzt „Taiba“ hieß, die Schöne. Drei der vier Al-Qaida-Piloten des 11. September 2001 wurden in dem Gotteshaus im Hamburger Viertel St. Georg radikalisiert, im März 2009 verabschiedeten sich Anhänger der Moschee in den Dschihad im pakistanisch-afghanischen Grenzgebiet, und die militant islamistischen Umtriebe schienen kein Ende zu nehmen. Bis Montagmorgen um sechs Uhr, als die Polizei vor der einstigen Al-Kuds-Moschee am Steindamm 103 erschien, die Räume durchsuchte und dem Trägerverein das Verbot zustellte, das Innensenator Christoph Ahlhaus (CDU) verfügt hatte.

„Wir haben heute die Taiba-Moschee geschlossen, weil dort junge Männer zu religiösen Fanatikern herangezüchtet wurden“, begründete Ahlhaus den Schlag gegen das Milieu der Dschihadisten in der Hansestadt. Der Trägerverein habe „die Freiheiten unseres demokratischen Rechtsstaats schamlos ausgenutzt, um für den Heiligen Krieg zu werben“.

Das ging ziemlich lange. Im März 1993 hatte sich der „Arabische Kulturverein e. V. Masjid Al Kods“ gegründet. Al Kods, meist al Kuds gesprochen, ist der arabische Name für Jerusalem. Die Al-Kuds-Moschee etablierte sich 1996 am Steindamm und entwickelte sich zum Treffpunkt fanatischer Muslime. Mohammed Atta, Marwan al Shehhi und Ziad Jarrah kamen regelmäßig zum Gebet – bis sie sich verabschiedeten, um am 11. September 2001 mit entführten Maschinen Anschläge zu verüben, die als unvorstellbar gegolten hatten.

Auch weitere Mittäter waren Anhänger der Moschee: Ramsi Binalshibh, einer der Chefplaner der Anschläge und 2002 in Pakistan festgenommen, Munir al Motassadeq, in drei Prozessen in Hamburg letztlich zu 15 Jahren Haft wegen Unterstützung der Todespiloten verurteilt, und Said Bahaji, der eine Woche vor den Anschlägen aus der Hansestadt verschwand, vermutlich in Richtung Afghanistan. Im Oktober 1999 hatte Bahaji mit Freunden in der Moschee seine Hochzeit gefeiert. Dabei wurden Lieder gesungen, die den Märtyrertod verherrlichen.

Zu den härtesten Hasspredigern der Moschee zählte der aus Marokko stammende Mohammed al Fasasi, der auch Täter des 11. September agitierte. Er fanatisierte sein Publikum mit Parolen wie „du hast die Aufgabe, die Herrschaft der Ungläubigen zu beseitigen, ihre Kinder zu töten, ihre Frauen zu erbeuten und ihre Häuser zu zerstören“. Inzwischen verbüßt Fasasi eine lange Haftstrafe in Marokko und soll sich vom Terror distanziert haben. Die Al-Kuds-Moschee hingegen blieb offenkundig auf Kurs. Und der letzte Prediger war auch kein Unbekannter: Mamoun D. hatte Kontakt zu Tätern des 11. September, bestreitet allerdings jede Nähe zum bewaffneten Kampf.

Im Jahr 2003 habe eine Gruppe aus der Moschee versucht, sich terroristischen Strukturen im Irak anzuschließen, berichtet der Hamburger Verfassungsschutz. Fünf Jahre später benannte sich der Trägerverein um in „Taiba, Arabisch-Deutscher Kulturverein e.V.“ und betitelte die Moschee nun „Taiba“. Der Versuch, den schlechten Ruf loszuwerden, war offenbar ein Täuschungsmanöver. Im März 2009 reiste ein Gruppe von knapp einem Dutzend Hamburger Islamisten ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet. Wenigstens einer dieser heiligen Krieger, der aus dem Iran stammende Shahab D., schloss sich der „Islamischen Bewegung Usbekistans“ an, einer Truppe im Umfeld von Taliban und Al Qaida. Am 3. Oktober 2009, passend zum Jahrestag der Wiedervereinigung, drohten Shahab D. und ein Islamist aus Bonn in einem Video der Bundesrepublik. In dem Streifen posiert Shahab D. mit einer Kalaschnikow und einem gewaltigen Schwert.

Zu der ausgereisten Gruppe zählte auch Rami M., dessen Fall im Juni Schlagzeilen machte. Der aus Hessen stammende Islamist hatte sich bei der deutschen Botschaft in Pakistan gemeldet und wurde kurz darauf vom pakistanischen Militär festgenommen. Angesichts der Erkenntnisse über die Gruppe scheinen nun die Hamburger Behörden beschlossen zu haben, dem Treiben in der Moschee nun doch ein Ende zu setzen.

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