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Politik: Reaktion auf den Terror: Taliban: Bin Laden soll gehen

Die in Afghanistan regierenden Taliban gehen auf Distanz zu dem als Drahtzieher der Terroranschläge in den USA verdächtigten Osama bin Laden. Der geistliche Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar wolle den Moslemextremisten zur Ausreise auffordern, sagte Erziehungsminister Amir Chan Mutaki am Donnerstag.

Von Hans Monath

Die in Afghanistan regierenden Taliban gehen auf Distanz zu dem als Drahtzieher der Terroranschläge in den USA verdächtigten Osama bin Laden. Der geistliche Taliban-Führer Mullah Mohammed Omar wolle den Moslemextremisten zur Ausreise auffordern, sagte Erziehungsminister Amir Chan Mutaki am Donnerstag. Gleichzeitig appellierte die afghanische Führung an die USA, auf die angekündigte Militäraktion gegen das Land zu verzichten. Das Bundesverteidigungsministerium dementierte am Abend, dass ein Bundeswehr-Kontingent unmittelbar vor dem Abmarsch stehe.

Zum Thema Online Spezial: Terror gegen Amerika Umfrage: Haben Sie Angst vor den Folgen des Attentats? Fotos: Die Ereignisse seit dem 11. September in Bildern Fahndung: Der Stand der Ermittlungen Osama bin Laden: Amerikas Staatsfeind Nummer 1 gilt als der Hauptverdächtige Chronologie: Die Anschlagserie gegen die USA Zum Abschluss zweitägiger Beratungen in Kabul erklärte die Versammlung von rund tausend Religionsgelehrten am Donnerstag an die Adresse der USA: "Bitte greift nicht an und habt Geduld!" Die Vereinten Nationen und die aus 52 Staaten bestehende Organisation der Islamischen Konferenz wurden aufgerufen, die Terrorvorwürfe gegen bin Laden zu untersuchen. Zugleich wurden alle Moslems aufgefordert, sich einem Heiligen Krieg gegen die USA anzuschließen, falls Afghanistan angegriffen wird. "Wenn ein mächtiges Land ein schwaches Land angreift, dann ist dies ein Dschihad für alle Moslems", so die Erklärung der Geistlichen.

Die US-Regierung wies den Vorschlag der afghanischen Rechtsgelehrten zurück, bin Laden zum freiwilligen Verlassen des Landes aufzufordern. "Das entspricht nicht unseren Bedingungen", sagte der Sprecher von US-Präsident George W. Bush, Ari Fleischer, am Donnerstag. "Hier geht es um viel mehr, als nur darum, einen Mann aufzufordern, ein Land freiwillig zu verlassen, und das wahrscheinlich von einem Land, in dem er Schutz genießt in ein anderes", so Fleischer.

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld lehnte indess nähere Angaben über die angeordnete Verlegung von Kampfflugzeugen und Truppen an den Persischen Golf ab. Nach Medienberichten sollen unter anderem US-Stützpunkte in Saudi-Arabien, Kuwait und Oman mit mehrere Duzend Kampfflugzeugen verstärkt werden. US-Außenminister Powell begrüßte nach einem Treffen mit einer EU-Delegation in Washington deren Erklärung, dass "Europa dem Terrorismus gemeinsam mit den USA die Stirn biete".

Bundesaußenminister Joschka Fischer sagte nach einem Gespräch mit UN-Generalsekretär Annan und seinem russischen Kollegen Iwanow, das Problem des Terrorismus müsse auf allen Ebenen gelöst werden: militärisch, politisch und wirtschaftlich. Vorwürfe, die UNO habe bei der Bekämpfung des Terrorismus versagt, wies Fischer zurück.

Eine Beteiligung der Bundeswehr an einem möglichen Vergeltungsschlag wird unterdessen immer wahrscheinlicher. Aus SPD-Kreisen hieß es am Donnerstag, es sei wahrscheinlich, dass Deutschland unter jenen Staaten sein werde, die von den USA um Unterstützung gebeten werden.

In Washington bereitete Bush seine kurzfristig anberaumte Rede vor beiden Häusern des Kongresses vor, in der er die Hintermänner der Terroranschläge von New York und Washington nennen will: "Ich schulde dem Land eine Erklärung." Er wolle die Gelegenheit nutzen und dem amerikanischen Volk erklären, "wer dies unserem großartigen Land angetan hat und warum". Für die geplanten Angriffe bat Bush Regierungen in aller Welt um offene oder verdeckte Hilfe.

Bundeskanzler Gerhard Schröder äußerte erneut seine Erwartung, dass die USA die Verbündeten vor einer militärischen Reaktion auf die Terrorangriffe informieren. Solche Konsultationen müsse und werde es geben, sagte er am Donnerstag nach einem Treffen mit Nato-Generalsekretär George Robertson in Berlin. Der Kanzler wies darauf hin, dass es bislang noch keine offizielle Feststellung gebe, wonach die Angriffe auf die Vereinigten Staaten von außen gekommen seien, und auch keine Bitte der USA um Unterstützung durch die Nato. Die Nato wartet nach den Worten ihres Generalsekretärs darauf, welche Anforderungen die Vereinigten Staaten an das Bündnis und andere Länder übermitteln.

Beamte des amerikanischen Bundeskriminalamtes FBI hatten am Mittwoch einen mutmaßlichen Terroristen-Komplizen festgenommen, der seit einer Woche auf der Fahndungsliste stand. Nabil Al-Marabh (34) sei bei Chicago (US-Bundesstaat Illinois) aufgegriffen worden, berichteten US-Medien am Donnerstag. Das FBI ist auf der Suche nach mehr als 200 Personen, die unter anderem als wichtige Zeugen aussagen sollen. Auf seine Fährte kamen die Ermittler bei der Durchsuchung einer Wohnung in Detroit, wo falsche Pässe und Flughafenpläne gefunden wurden.

US-Außenminister Colin Powell ist unter Bedingungen zu Kontakten mit der international geächteten Taliban-Miliz bereit. Sollten die Taliban den moslemischen Fundamentalistenführer Osama bin Laden sowie seine engsten Vertrauten ausliefern und die Lager seiner Organisation schließen, seien Gespräche möglich, Hamburg (AP) Bundeskanzler Gerhard Schröder hat den Deutschen erneut Mut für den Kampf gegen den Terrorismus zugesprochen. Er habe Verständnis für die Ängste, aber "Angst darf uns nicht ohnmächtig machen", sagte er bei einer SPD-Veranstaltung in Hamburg. Damit würde man nur den Terrorismus gewähren lassen. Er kündigte eine unnachsichtige Verfolgung derer an, die in Deutschland unerkannt solche Straftaten vorbereiteten.

Dies könne jedoch nicht durch "populistische Sprücheklopfer" gehen, sagte Schröder vor 4.000 Menschen bei der Abschlussveranstaltung des Bürgerschaftswahlkampfs mit Blick auf den Parteigründer Ronald Schill.

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