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Möglicherweise muss bald sehr viel länger gearbeitet werden.

© C. Hardt/imago images / Future Image

Reaktion auf längere Lebenserwartung: Bundesbank empfiehlt Rente erst mit knapp 70 Jahren

Die Bundesbank will das Renteneintrittsalter mit der Lebenserwartung koppeln. Die heute 18-Jährigen dürften dann erst deutlich später in Rente gehen

Nach Ansicht der Bundesbank muss das Renteneintrittsalter in Deutschland weiter steigen. Als Grund dafür nennen die Banker die demografische Entwicklung und die steigende Lebenserwartung. So rechnen sie in ihrem jüngsten Monatsbericht vor, dass 2001 geborene Bundesbürger erst 2070 in den Ruhestand gehen könnten – mit 69 Jahren und vier Monaten. „Die zunehmende Lebenszeit wäre dann mit einer längeren Erwerbsphase verbunden, aber auch die Rentenphase würde sich verlängern.“ Aktuell ist vorgesehen, das Rentenalter bis 2031 auf 67 Jahre steigen zu lassen. Weitere Planungen gibt es nicht.

Angst vor den Babyboomern

In den vergangenen Jahren sei die Finanzlage der gesetzlichen Rentenversicherung zwar relativ entspannt gewesen, schreiben die Bundesbank-Ökonomen. Durch die demografische Entwicklung gerate die umlagefinanzierte Versicherung gerate „künftig aber unter erheblichen Druck, insbesondere ab Mitte der 2020er Jahre“. Dann nämlich trete die große Babyboomer-Generation in den Ruhestand. Nach Ansicht der Bundesbank ist daher der Blick weit über 2031 hinaus wichtig. Dabei wäre das Rentenalter systematisch mit der steigenden Lebenserwartung zu verknüpfen. Die Europäische Kommission, der Internationale Währungsfonds IWF und die OECD wie auch einzelne Länder hätten dies schon im Blick.

Mit den aktuellen Prognosen zur Lebenserwartung stiege bei solchem Ansatz das gesetzliche Rentenalter ab 2032 im Durchschnitt pro Jahr um einen dreiviertel Monat. Laut Bundesbank würde das verhindern, dass das Rentenniveau allzu stark sinken müsste. Derzeit liegt es bei rund 48 Prozent eines Durchschnittseinkommens. Bei einem Renteneintritt mit 69 im Jahr 2070 betrüge es den Bankern zufolge rund 43 Prozent, um dann wieder leicht auf 44 Prozent zu steigen.

Ohne Altersanhebung deutlich niedrigere Renten

Ohne Anhebung des Rentenalters dagegen würde das Rentenniveau auf nur noch rund 40 Prozent sinken. Das jüngste Rentenpaket der Bundesregierung garantiert ein Niveau von 48 Prozent bis 2025 – bei einem Beitragssatz von nicht mehr als 20 Prozent. In den Simulationen der Bundesbank ist für 2070 von einem Beitragssatz in der Größenordnung von 24 Prozent die Rede. Derzeit beträgt er 18,6 Prozent.

Ein späterer Renteneintritt würde nicht nur die Rentenkassen entlasten, sondern über höhere Erwerbstätigkeit auch die Gesamtwirtschaft stärken, schreiben die Bundesbank-Experten. Zudem würden damit die Bemessungsgrundlagen für Steuern und Sozialbeiträge gestützt. Gleichzeitig betonen die Autoren, dass es auch weiter angemessenen Schutz für Erwerbsgeminderte geben müsse. Schließlich werde es auch künftig nicht in jedem Fall möglich sein, bis zum gesetzlichen Rentenalter zu arbeiten.

Grüne: Demografie ist leider komplizierter

SPD, Grüne und Linke wiesen den Vorstoß zurück. Leider unterschätze die Bundesbank die Komplexität der Demografie, sagte Grünen-Fraktionsexperte Markus Kurth. Ohne eine Lösung für die Menschen, die nicht bis 67 durchhielten, sei eine Diskussion um die Rente mit 69 „eher gefährlich als hilfreich“, meinte Grünen-Experte Markus Kurth. "Ein höheres Renteneintrittsalter halte ich für falsch", sagte SPD-Fraktionsvize Katja Mast dem "Handelsblatt". 

„Die alte Leier der Bundesbank über das Renteneintrittsalter untergräbt das Vertrauen in die gesetzliche Rente“, befand auch Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch. Die Rente sei nicht unter Druck, weil Menschen älter würden, sondern weil es dringenden Reformbedarf gebe. Nötig sei eine Rentenkasse, in die alle einzahlten und „Löhne, die für eine gute Rente taugen“.

Vorstoß schon vor drei Jahren

Tatsächlich ist die Forderung der Bundesbank nicht neu. Schon vor drei Jahren hatten ihre Volkswirte darauf gedrängt, das Renteneintrittsalter bis zum Jahr 2060 schrittweise auf 69 Jahre anzuheben. Und schon damals war die Politik, abgesehen von einigen Unionspolitikern, von dieser Forderung alles andere als begeistert.

Nun schwappen die neuerlichen Ermahnungen der Bundesbank allerdings in eine heikle Phase. Demnächst wollen die Groko-Akteure Bilanz ziehen und entscheiden, ob sie ihr Regierungsbündnis fortsetzen. Und ein nicht unwesentlicher Streitpunkt bei dem Ganzen ist die vereinbarte Grundrente, auf deren Bedingungen sich Union und SPD auch nach monatelangen Verhandlungen bisher nicht einigen konnten.

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