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SPD-Generalsekretärin Katarina Barley.

© imago/Gerhard Leber

Update

Reaktionen auf Merkels vierte Kandidatur: "Nach zwölf Jahren ist die Luft raus"

Die SPD schießt sich auf Angela Merkel ein. Horst Seehofer sagt ihr hingegen Unterstützung zu. DGB-Chef Reiner Hoffmann fordert nun auch von Sigmar Gabriel Klarheit. Die Linke warnt vor Stillstand.

Zustimmung, Kritik - und zusätzlicher Druck auf die SPD: Die Ankündigung einer vierten Kanzlerkandidatur durch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel hat am Sonntag vielfältige Reaktionen nach sich gezogen.

Ein positives Signal kam aus Bayern. CSU-Chef Horst Seehofer sicherte die Unterstützung seiner Partei zu. „Es ist gut, dass jetzt Klarheit herrscht und dass sie sich entschieden hat“, sagte der bayerische Ministerpräsident in München. Die Schwesterparteien müssten sich nun darauf verständigen, wo sie gemeinsame Themen für den Wahlkampf sehen und „wo möglicherweise eine eigene Position der CSU erforderlich ist“. Das werde mit hoher Wahrscheinlichkeit bei der Zuwanderung der Fall sein.

„An der gemeinsamen Kanzlerkandidatin können Sie ja jetzt nicht ernsthaft zweifeln“, fügte Seehofer aber hinzu. „Ich war mir seit langer Zeit sicher, dass die Bundeskanzlerin für beide Ämter wieder kandidieren wird - ohne dass ich das von ihr selbst gewusst hätte“, sagte der bayerische Ministerpräsident.

Nach Merkels Ankündigung rief der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) die SPD dazu auf, ihren Kanzlerkandidaten ohne weitere Verzögerung zu benennen. Merkel habe Klarheit geschaffen, das sei zu begrüßen, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann dem Tagesspiegel.

"Wir benötigen jetzt aber auch Klarheit bei der SPD. Deshalb ist es an der Zeit, dass der Parteivorsitzende Sigmar Gabriel erklärt, ob er als Kanzlerkandidat zur Verfügung steht", sagte Hoffmann. Deutschland brauche dringend eine Auseinandersetzung über die Frage, wie die Zukunft des Landes gesichert und der Vormarsch der Rechtspopulisten hierzulande und in Europa gestoppt werden könne.

"Es geht um einen Plan für mehr Investitionen, für sozialen Zusammenhalt und für die Verteidigung der Demokratie. Dafür steht Sigmar Gabriel, deshalb traue ich ihm die Kanzlerkandidatur zu", sagte Hoffmann.

Gabriel hatte am Samstag gesagt, die SPD sehe sich durch eine Ankündigung Merkels nicht unter Zugzwang. Zuvor hatte schon Parteivize Manuela Schwesig gesagt, die SPD werde die Frage der Kanzlerkandidatur unabhängig von Merkels Entscheidung klären Gabriel werde zum richtigen Zeitpunkt einen Vorschlag machen.

Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Ralf Stegner sieht im Streit der Unionsparteien über die Flüchtlingspolitik eine Belastung für die neuerliche Kanzlerkandidatur Merkels. "Die Zwietracht zwischen CDU und CSU wird als Hypothek im Wahlkampf bleiben", sagte Stegner dem Tagesspiegel. Zwar gelte nach wie vor, dass die SPD Frau Merkel nicht unterschätzen dürfe, fügte Stegner hinzu. "Aber der Mythos von Merkels Unbesiegbarkeit ist dahin."

Dieser Sprachregelung folgte auch Thomas Oppermann. "Die Bundestagswahl ist offen, Angela Merkel ist nicht mehr unschlagbar", sagte der SPD-Fraktionschef. Ihre erneute Kandidatur sei bei den Sozialdemokraten "schon lange eingepreist" gewesen.

Die Kanzlerin hat nach Ansicht von SPD-Generalsekretärin Katarina Barley keine überzeugende Vision für Deutschlands Zukunft. „Nach dann zwölf Jahren im Amt ist die Luft wirklich raus“, sagte Barley am Sonntag. „Angela Merkel hat keine Antworten auf die wirklichen Probleme und Sorgen der Menschen in unserem Land.“

Özdemir sucht Konfrontation - Lindner hält Merkel für "angegrünt"

Die Linke warnte nach Bekanntwerden der vierten Kandidatur Merkels vor einem Stillstand in Deutschland. „Die erneute Kandidatur von Angela Merkel ist ein Signal dafür, dass sich nichts im Land ändern soll“, sagte Parteichef Bernd Riexinger. „Es droht erneut eine große Koalition und damit ein 'Weiter so' der Politik der sozialen Spaltung.“ Die CDU habe aber keinen Grund, schon zu siegesgewiss zu sein. „Eine Kandidatur von Frau Merkel ist noch keine gewonnene Wahl“, sagte Riexinger. "Die spannende Frage ist, welche Partei Merkel 2017 zum viertel Mal ins Kanzleramt hievt", schrieb Linken-Fraktionschef Dietmar Bartsch bei Twitter.

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Grünen-Chef Cem Özdemir kündigte einen "harten" Wahlkampf gegen die Kanzlerin an. "Wir freuen uns auf eine harte politische Auseinandersetzung, in der wir zeigen werden, wie wirksamer Klimaschutz und gesellschaftlicher Zusammenhalt funktionieren können", sagte Özdemir der "Rheinischen Post". Es gehe in diesem Wahlkampf aber grundsätzlich darum, "anständig miteinander umzugehen und Polemik und Hetze echte Inhalte entgegenzusetzen".

Anton Hofreiter bleibt ungeachtet der Personalentscheidung in der Union skeptisch. "Ich bin mal sehr gespannt, wie Angela Merkel ihren eigenen Laden zusammenhalten will", sagte der Grünen-Fraktionschef dem "Handelsblatt". Die CDU und die Schwesterpartei CSU müssten zunächst einmal ihre politischen Gemeinsamkeiten klären.

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner äußerte sich kritisch zur Ankündigung Merkels - und suchte zugleich die Abgrenzung zu den Grünen. "Die Union zieht ihren letzten Trumpf und weiß nicht, ob er noch sticht", sagte er. "Denn mit dem Gewicht von Frau Merkel auf der Weltbühne wäre sie sicher eine gute UN-Generalsekretärin, aber ihre deutsche Innenpolitik als Kanzlerin ist leider angegrünt.“

Der stellvertretende AfD-Vorsitzende Alexander Gauland nannte die erneute Kanzlerkandidatur eine weitere Bankrotterklärung der Union. „Frau Merkel hat sich ausschließlich als Flüchtlingskanzlerin zum Schaden Deutschlands profiliert. Damit hat sie die deutschen Zukunftschancen verspielt“, sagte Gauland in einer am Sonntagabend verbreiteten Mitteilung. Die CDU-Chefin beweise mit der Absicht, zum vierten Mal für die Kanzlerschaft zu kandidieren, „völlige Instinktlosigkeit“. (mit dpa)

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