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Reaktionen: Politiker und Schulexperten diskutieren

Der Amoklauf eines 18-Jährigen an einer nordrhein-westfälischen Schule hat eine Debatte über die Ursachen solcher Gewalttaten und eine mögliche Prävention ausgelöst.

Berlin - Politiker, Polizei- und Schulexperten sowie Psychologen forderten, sich mehr um die Jugendlichen und ihre Probleme zu kümmern. Zugleich wurde das Verbot so genannter Killerspiele gefordert. Der Bund Deutscher Kriminalisten (BDK) hingegen warnte vor einer "politischen Scheindebatte". Auch der Bundeselternrat sprach sich gegen ein Spieleverbot aus.

Nach dem blutigen Schulmassaker vor mehr als vier Jahren in Erfurt sei die Gesellschaft nicht sensibler geworden, und es habe sich nichts geändert, kritisierte der BDK-Bundesvorsitzende Klaus Jansen. Immer öfter agierten Jugendliche "mit einer erschreckenden Gefühlskälte und völlig emotionslos". Die Jugendlichen müssten mit ihren Problemen ernst genommen werden. Dies beginne in den Elternhäusern und setze sich in der Schule fort. Die Lehrer müssten während des Unterrichts "mehr Hinsehen und mehr Hinhören".

Wiefelspütz fordert "Frühwarnsysteme"

Der SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz setzte sich für "Frühwarnsysteme" ein und wandte sich gegen die "vordergründige Diskussion" um das Verbot von Killerspielen. Er sei "gegen jede Art von kurzschlüssiger Patentreaktion". Dass Gewalt in Familien und an Schulen zunehme, liege auch daran, dass Eltern und Lehrer überfordert seien, sagte die Vorsitzende des Bundeselternrates, Anja Ziegon. Daher müssten an den Schulen mehr Psychologen oder Pädagogen eingestellt werden.

Nach Ansicht des Psychologen Jens Hoffmann lässt sich Amok an Schulen bereits im Vorfeld erkennen. Diese Täter hätten "immer wieder identische Muster", sagte der Experte der TU Darmstadt. Dort entwickeln Wissenschaftler nach eigenen Angaben derzeit eine Methode zur Früherkennung potenzieller Amokläufer. Nach Angaben des Medienexperten Jo Groebel wissen rund 70 Prozent der Eltern gar nicht, was ihre Kinder am Computer spielen. Verbote brächten nichts, sagte er. Aufklärung sei viel wichtiger.

Bayern offen für ein Verbot von "Killerspielen"

Bayern kündigte derweil an, erneut eine Bundesratsinitiative zum Verbot von "Killerspielen" einzubringen. "Sie animieren Jugendliche, andere Menschen zu töten", sagte Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU). Es dürfe deshalb "keine Ausreden und Ausflüchte mehr geben". Auch Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) zeigte sich offen für ein Verbot. "Sollte sich tatsächlich herausstellen, dass der 18-jährige Täter sich über einen längeren Zeitraum und intensiv mit so genannten Killerspielen beschäftigt hat, müsste der Gesetzgeber nun endlich handeln", sagte Bosbach. Zugleich verlangte er die Zahl der Schulpsychologen aufzustocken.

Nach Ansicht des Kriminologen Christian Pfeiffer ähnelt der Täter in Emsdetten dem Profil der Amokläufer in den USA. "Da ist jemand, der zum Verlierer geworden ist, Ohnmacht in seinem Alltagsleben empfindet, nichts gelingt, und mächtig ist er nur in den Tötungsfantasien des Computerspielens", sagte er. (tso/ddp)

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