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Der belgische Reaktor Tihange gilt als Sicherheitsrisiko.

© dpa

Reaktorsicherheit: Kooperation: mangelhaft

Die niederländische Sicherheitsagentur fordert, dass die Niederlande, Belgien und Deutschland ihre Notfallpläne für den Fall eines Reaktorunfalls überarbeiten müssen.

Die grenzüberschreitende Kooperation beim Thema Reaktorsicherheit und Notfallpläne zwischen den Niederlanden, Belgien und Deutschland lässt einiges zu wünschen übrig. Dies geht aus einem neuen Bericht der niederländischen Sicherheitsagentur hervor. Zwar sei die Wahrscheinlichkeit eines ernsten Vorfalls gering, doch die grenzüberschreitende Kooperation im Falle eines atomaren Unfalls laufe „nicht reibungslos“, warnt die Agentur in ihrem Report. Die zuständigen Behörden müssten ihre Notfallpläne überarbeiten.

Einige belgische Reaktoren haben bereits mehrfach zu Streit zwischen den drei Ländern geführt: Sie liegen nahe der Grenzen zu Deutschland und den Niederlanden, sind alt und für ihre Störanfälligkeit bekannt.

Für ihren Bericht hat die niederländische Sicherheitsagentur überprüft, wie gut die Nachbarn bei der Evakuierung der Bevölkerung, der Kraftwerkswartung und der Gestaltung der Notfallpläne zusammenarbeiten. So wird beispielsweise der Strahlenschutz unterschiedlich gehandhabt: In Deutschland sind in einigen grenznahen Regionen Jodtabletten an die Bevölkerung ausgegeben worden. In den Niederlanden und Belgien wird dies nicht gemacht.

Auch die Evakuierungspläne unterscheiden sich. Im Falle eines Unfalls könnte dadurch Verwirrung entstehen, warnen die niederländischen Experten. Sie fordern nicht nur eine Verbesserung der Kommunikation im Fall von Störfällen, sondern auch eine stärkere Berücksichtigung der Sicherheitsbedenken der Öffentlichkeit.

Darüber hinaus weist der Bericht darauf hin, dass die drei Länder kulturelle und sprachliche Unterschiede nicht ausreichend in ihre Kooperation einbezogen haben. Auch dies könnte im Falle eines Unfalls weitreichende Auswirkungen haben. Eine Anregung lautet, dass die Niederlande einem belgisch-deutschen Abkommen zur gemeinsamen Entscheidungsfindung beitreten sollten, das im Dezember 2016 vereinbart wurde.

Die Sicherheitsagentur verweist allerdings auch auf Fortschritte in einigen Bereichen. So haben die Länder sich verpflichtet, sich im Falle eines bevorstehenden Notfalls gegenseitig „schnellstmöglich“ darüber zu informieren. Außerdem haben sie Zugang zu den Strahlenschutz-Maßnahmen der Nachbarn.

Verlängerte Laufzeit für Tihange und Doel

In dem Bericht wurde lediglich auf die Störfall-Maßnahmen eingegangen, nicht auf die technischen Sicherheitsaspekte der untersuchten Kraftwerke. Neben den Kraftwerken Emsland (Deutschland) und Borssele (Niederlande) waren dies die belgischen AKWs in Tihange und Doel.

Insbesondere Tihange und Doel beschäftigen die lokale Bevölkerung. In den Reaktoren Tihange 2 und Doel 3 waren 2013 Mikrorisse in den Wänden entdeckt worden, die zur zwischenzeitlichen Abschaltung der Reaktoren führten. Beide wurden jedoch im Jahr 2015 wieder in Betrieb genommen.

Anti-Atom-Aktivisten werfen der belgischen Regierung daher vor, die Sicherheit der Bürger zu gefährden. Die Laufzeit der beiden Reaktoren, für die eigentlich nur eine Lebensdauer von 30 Jahren vorgesehen war, wurde verlängert. Der Grund dafür ist, dass Belgiens Strommix extrem abhängig von den AKWs ist. So werden 40 Prozent des kompletten Energiebedarfs und 55 Prozent der Stromnachfrage durch Atomenergie abgedeckt. Im vergangenen Juni hatte Belgiens Innenminister Jan Jambon versichert, dass die Kraftwerke sicher seien und bis zum Ende ihrer verlängerten Laufzeiten bis Mitte des kommenden Jahrzehnts weiterbetrieben werden.

Übersetzung: Tim Steins.

Erschienen bei EurActiv.

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Sam Morgan

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