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Politik: Rechnung mit Unbekannten

"Ich komme wieder", hatte Viktor Juschtschenko vor Jahresfrist seinen Anhängern versprochen, nachdem er seinen Job als Regierungschef der Ukraine quittieren musste. Der 47-jährige Ex-Premier hat Wort gehalten: Mit dem Erfolg seines bürgerlichen Oppositionsbündnisses "Unsere Ukraine" ist dem einstigen Kolchose-Buchhalter ein eindrucksvolles Comeback geglückt.

"Ich komme wieder", hatte Viktor Juschtschenko vor Jahresfrist seinen Anhängern versprochen, nachdem er seinen Job als Regierungschef der Ukraine quittieren musste. Der 47-jährige Ex-Premier hat Wort gehalten: Mit dem Erfolg seines bürgerlichen Oppositionsbündnisses "Unsere Ukraine" ist dem einstigen Kolchose-Buchhalter ein eindrucksvolles Comeback geglückt.

Juschtschenko hat allerdings mit mehreren Unwägbarkeiten zu kämpfen: Einmal hat die Parlamentswahl in der Ukraine keine wirklich eindeutigen Mehrheitsverhältnisse erbracht. Nach Auszählung aller Stimmen konnte das Wahlbündnis des Ex-Premiers 112 der 450 Parlamentssitze auf sich vereinen. Der Block "Für eine vereinigte Ukraine" um Staatspräsident Leonid Kutschma erlangte 102 Sitze, die Kommunistische Partei 66 Sitze. Und auch der Zusammenhalt von Juschtschenkos Bündnis "Unsere Ukraine" muss sich noch erweisen.

Dabei kann der ehemalige Nationalbankchef Juschtschenko einige Meriten aufweisen: Bereits Ende der 90er Jahre war es ihm geglückt, die Hyperinflation unter Kontrolle zu bringen. Als Wirtschaftsreformer sollte sich Juschtschenko auch während seiner Amtszeit als Premier einen Namen machen. Der Freizeit-Landwirt leitete erfolgreich die Privatisierung der Landwirtschaft ein, mühte sich, die Abhängigkeit seines Landes von russischen Rohstoffimporten zu verringern, die Macht der einflussreichen Industrie-Oligarchen zu begrenzen, sein Land näher an die EU heranzuführen.

Doch nicht nur die um ihre Pfründe bangenden Oligarchen, sondern auch die Kommunisten empfanden den Mann mit dem markigen Kinn zunehmend als Störfaktor. Seine Popularität veranlasste Präsident Kutschma, den missliebigen Premier mittels seiner parlamentarischen Hilfstruppen aus dem Amt zu scheuchen.

Zum Ärger seiner ehemaligen Wirtschaftsministerin Julia Timoschenko lehnte es der kompromissbereite Taktierer nach seinem Rücktritt ab, sich der Oppositionsbewegung "Ukraine ohne Kutschma" anzuschließen. Statt auf offenen Konfrontationskurs zum Präsidenten zu gehen, hat er sich mit dem bürgerlichen Parteienbündnis "Unsere Ukraine" eine eigene Machtbasis geschaffen. Sein Wahlerfolg hat dem pragmatischen Juschtschenko, der eine neuerliche Zusammenarbeit mit Kutschma keineswegs ausschließt, im Ringen um dessen Nachfolge zu einer guten Startposition verholfen.

Trotz seiner Zweifel am Ergebnis der Parlamentswahlen kann sich Bergsteiger Juschtschenko denn auch zum nächsten Gipfelsturm bei den Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren gerüstet fühlen. Egal wie das Wahlergebnis ausgezählt werde - zumindest seien die "demokratischen Kräfte" im Parlament nun angemessener repräsentiert, sieht er sich durch den Urnengang bestätigt.

Thomas Roser

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