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„Der III. Weg“ und andere rechten Gruppierungen suchen eigenständig nach Migrant:innen an der deutsch-polnischen Grenze.

© REUTERS

Nach Aufruf der Partei „Der III. Weg“: Selbstjustiz an der deutsch-polnischen Grenze

Rechtsextremisten behaupten bei sogenannten „Grenzgängen“ aufgegriffene Migranten der Polizei übergeben zu haben. Die distanziert sich deutlich. 

Etwa 50 Personen stellte die Brandenburger Polizei am Samstagabend im Großraum Guben fest, die einem Aufruf der rechtsextremen Partei „Der III. Weg“ gefolgt waren, um einen sogenannten „Grenzgang“ durchzuführen. Die Meldung fand ein bundesweites Medienecho, auch weil bei mehreren Neonazis Pfefferspray, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke sichergestellt wurden.

Einer Woche zuvor hatte die rechtsextreme Kleinstpartei erstmals über ihre Kanäle zur Grenzpatrouille mobilisiert, Interessierte wurden dazu angehalten Nachtsichtgeräte und Stirnlampen zum Treffpunkt in Groß Gastrose südlich von Guben an der deutsch-polnischen Grenze mitzubringen. Hintergrund sind die steigenden Zahlen an Geflüchteten, die über Belarus und Polen in ostdeutsche Bundesländer gelangen.

Während die Aktion des „III. Weges“ durch die hohe Polizeipräsenz verhindert werden konnte, waren andere rechtsextreme Gruppierungen in weiteren Orten an der deutsch-polnischen Grenze nach Tagesspiegel-Informationen erfolgreicher. Das legen Posts in den sozialen Netzwerken nahe, die verdeutlichen, dass die Gefahr durch rechte Bürgerwehren an der deutsch-polnischen Grenze real ist. 

So führte die „Aktionsgruppe Zittau“, die unter anderem der NPD-Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ nahesteht und als freie Kameradschaft auftritt, im Raum Zittau zwei Nächte hintereinander selbständige „Grenzpatrouillen“ durch, wie die Gruppierung auf dem Messengerdienst Telegram mitteilte.

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In einem Post teilen die Rechtsextremisten mit, dass „Kameraden“ in Hirschfelde nördlich von Zittau insgesamt „30 bis 35 männliche Migranten“ aufgriffen und daraufhin der Polizei übergaben. Auch ein angebliches Foto der Geflüchteten ist dem Beitrag angehängt. Tatsächlich teilte die zuständige Bundespolizeidirektion in Pirna dem Tagesspiegel mit, dass am Samstagabend telefonisch ein Bürgerhinweis einging, dem Polizeikräfte daraufhin nachgingen. In Hirschfelde wurden schließlich 30 illegale Migranten festgestellt und der „grenzpolizeilichen Bearbeitung zugeführt“. Von wem der Hinweis kam, konnte die Pressestelle nicht mitteilen. Erkenntnisse zu einem „Grenzgang“ der rechtsextremen „Aktionsgruppe Zittau“ lagen der Behörde ebenfalls nicht vor.

Rechte verbreiten Botschaft auf sozialen Netzwerken

Währenddessen kündigen die Neonazis in einem weiteren Telegram-Beitrag an, auch in den nächsten Nächten für die „Sicherheit an unseren Grenzen zu sorgen“. Außerdem wird dazu aufgerufen sich der Gruppe anzuschließen: „Redet nicht um den heißen Brei herum, sondern handelt“, heißt es in dem Post. 

Auch im nahen Görlitz waren Rechtsextremisten in der Nacht zu Sonntag offenbar aktiv. Maximilian T. und André L. sind Anhänger der neurechten „Identitären Bewegung“, die vom Verfassungsschutz überwacht wird und zeigten sich bei Instagram auf der dunklen Görlitzer Stadtbrücke, die Deutschland und Polen miteinander verbindet. Sonntagnacht gegen 1 Uhr meldet sich T. mit einem Video zu Wort und behauptet, die Gruppe hätte schon drei Migranten von der Einreise nach Deutschland abhalten können.

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Das Statement schließt mit dem Satz: „Wir klagen nicht, wir kämpfen“. In einem weiteren Video sieht man T. wie er sich einem Mann in den Weg stellt, der über die Stadtbrücke läuft und ihn fragt, woher er kommt.

Die Polizeidirektion Görlitz teilte zu dem Sachverhalt mit, dass zwar am frühen Sonntagmorgen ein telefonischer Hinweis über die angebliche illegale Einreise von Migranten über die Stadtbrücke einging, am Ort des Geschehens jedoch keine Menschen festgestellt wurden. Auch wurden keine Migranten durch „Bürger“ übergeben, wie die Polizei mitteilt. 

Polizei zeigt sich deutlich verärgert

Die sächsische Polizei reagiert indessen verärgert auf die Meldung einer angeblichen Zusammenarbeit zwischen rechter Gruppierungen und Polizeikräften an der Grenze zu Polen. Das ist „höchstgradiger Kokolores“ sagte ein Sprecher dem Tagesspiegel, die Aktivitäten der Rechtsextremen bezeichnete er als „absolut schauerlich“. Ein Tätigwerden der Bevölkerung auf „eigene Faust“ sei nicht erwünscht, bei Feststellungen entsprechender Gruppierungen werden Beamte „entschieden eingreifen, Aktivitäten unterbinden und strafrechtlich verfolgen“, heißt es von der Polizei. 

Die rechte Szene in den ostdeutschen Bundesländern macht sich die Thematik der verstärkten Einreise von Migranten über die Belarus-Route intensiver zu Eigen.

So tauchten auf verschiedenen Grenzsteinen in der Niederlausitz Plakate auf, auf denen auf arabisch und englisch der Satz „No place for you, our country our rules“ (deutsch: kein Platz für euch, unser Land, unsere Regeln) zu lesen ist. Auch hier scheinen Kräfte der „Jungen Nationalisten“ verantwortlich für die Aktion zu sein.

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